Skype war Hype, SIP ist hip
Wir basteln eine topmoderne VoIP-Telefonanlage mit analogen Komponenten, Hardwarekosten: 81,45 Euro. Telefonie: österreichisches Festnetz, 1,5 Cent pro Minute, EU-Europa, USA um zwei Cent usw.
In den Tiefen der Low-Tech-Labs
Im Grunde liegt und steht fast alles, was für eine topmoderne Voice-over-IP-Telefonanlage gebraucht wird, in einem Durchschnittshaushalt herum.
Ein kleines Heimnetzwerk mit Breitbandanschluss und ein, zwei freie Ports am Switch sind natürlich vorausgesetzt, dazu haben wir in den Kellertiefen der Low-Tech-Labs den guten alten Studiokopfhörer [80er Jahre] gefunden, ebenso ein wesentlich neueres Stand-Mikro, und ein schickes Analogtelefon aus den frühen Neunzigern ist auch wieder zum Vorschein gekommen.
Hardware und Software
Dazu gekauft wird nur: ein Telefonadapter [Sipura SPA 2000, 79 Euro] sowie eine Klinkenstecker-Kupplung [2,45 Euro] zum Anschluss des Kopfhörer-Monsters an den Laptop. Los geht es mit der Internet-Telefonie, oder noch nicht ganz.
Zuerst muss ein Software-Telefon im Netz besorgt werden, zum Beispiel das populäre X-Lite, das überhaupt nicht schwer zu konfigurieren ist.
Die Registrierung
Dafür wird eine VoIP-Telefonnummer benötigt, also pilgern wir zur Website eines Registrars, der uns bei der österreichischen Nummernvergabestelle ENUM registriert, Kreditkarte für eine Wunschnummer gezückt. Unter 43 780 und sechs weiteren Stellen ist man sodann weltweit erreichbar, überall dort, wo es für den Laptop einen Internet-Anschluss gibt.
Günstige Gateways ins Telefonnetz
Nun braucht es noch einen Gateway-Provider, der die Verbindung aus dem Internet in die weltweiten Telefonnetze besorgt. Anders als Skype, das mit dem offenen Standard SIP [Session Initiation Protocol] nicht zusammenarbeitet, kann man unter vielen verschiedenen Gateway-Providern weltweit wählen.
In Österreich bieten unter anderem Yesss [ebenfalls Registrar] und auch Fairytel jeweils sehr günstige Interconnect-Dienste an. Die verschiedenen Rufnummern [720 bzw. 780], die bei diesen teils automatisch, teils nach Wunsch vergeben werden, tragen wir in die ENUM-Datenbank ein, damit werden sie von überall auf der Welt auf die 43-780xxxxxx-Wunschnummer umgeroutet.
"One nine two dot one six eight ..."
Das schicke Analogtelefon ist bereits über den Telefonadapter mit dem LAN verbunden. Die Konfiguration des Adapters erfolgt zuerst über das Telefon, nach Eingabe von "110#" auf der Telefontastatur spricht eine sonore Automatenstimme: "One nine two dot one six eight dot zero dot one zero one. This is the Sipura configuration menu."
Gibt man die angesagte IP-Adresse im Browser ein, hat man ein Webinterface vor sich, das via DHCP bereits vorkonfiguriert ist, das ist nett. Schnell noch die Gateway-Provider samt Nummern eingetragen und dann geht es wirklich los mit der VoIP-Telefonie.
Wenn beide Teile läuten
Die Qualität ins österreichische, aber auch in ausländische Festnetze war bei mehreren Providern durchgehend gut, manche Handy-Gateways in anderen Staaten scheinen eher weniger gut angebunden, mit etwas Echos, Hall und Rausch.
Beide Teile - Laptop/Softphone und Analogtelefon/Adapter - dieser selbst gepfuschten Mini-Telefonanlage läuten gleichzeitig, wenn die 43780xxxxxx angerufen wird, egal ob sie traulich nebeneinander im selben LAN hängen oder Tausende Kilometer voneinander entfernt sind. Entfernung hebt sich via Internet auf, wie es bekanntlich heißt.
Das SIP-Protokoll der IETF [Internet Engineering Task Force]
http://en.wikipedia.org/wiki/Session_Initiation_Protocol
Wenn wir zum nächsten Mal hinuntersteigen in die Low-Tech-Labs, könnten wir alldort eventuell noch ein analoges Fax finden und die Mini-Anlage noch etwas erweitern, zumal der famose Adapter zwei Anschlüsse verarbeiten kann ...
(futurezone | TJ)