Musikindustrie weitet Kampfzone aus

weltweit
05.04.2006

Mit neuen Klagen dehnt die Musikindustrie die Verfolgung von unrechtmäßigen Anbietern von Online-Musik auf 19 Länder aus. In Italien wurden Server beschlagnahmt, in Dänemark sollen Leitungen gekappt werden. In Österreich setzt man eher auf Aufklärung.

Dennoch wurden laut IFPI Österreich, dem Verband der heimischen Musikindustrie, auch hier zu Lande im Rahmen der "Aktion scharf" in den letzten eineinhalb Jahren 325 Verfahren gegen unrechtmäßige Anbieter von Musikfiles im Internet [Uploader] eingeleitet. 258 Fälle wurden bisher abgeschlossen. Reine Downloader wurden bisher nicht belangt.

Dabei verpflichteten sich die Musik-Verbreiter zur Löschung der Musikdateien, zur Unterlassung von gesetzwidriger Verbreitung von Musik im Internet und zur Zahlung von Kosten- und Schadenersatz bis zu 5.500 Euro. Durchschnittlich wurden 3.000 Euro gezahlt.

Rechtslage in Österreich

Nach österreichischem Urheberrecht ist ein Anbieten von urheberrechtlich geschütztem Material in Tauschbörsen verboten. Zum Downloaden aus illegaler Quelle gibt es keine eindeutige Regelung, die Lage ist daher selbst unter Rechtsexperten umstritten.

Laufend Klagen in Österreich

Auf derartig drastische Maßnahmen wie das Kappen der Internet-Leitung will die IFPI in Österreich allerdings verzichten. Man setze auf Aufklärung, so Thomas Böhm von der IFPI Österreich, daher werde auch alles Geld in entsprechende Kampagnen gesteckt. Das große Ziel sei es, legale, also kostenpflichtige Angebote zu stärken.

Eine neue Welle von Klagen, wie von der IFPI auch für Österreich angekündigt, wollte Böhm gegenüber futurezone.ORF.at nicht bestätigen. Es würden laufend neue Fälle vor Gericht eingebracht, so Böhm.

Copyright-Unterricht für Schüler

Mithilfe eines "Urheberrechtskoffers" werden in Österreich bereits Schulkinder über das widerrechtliche Kopieren, Downloads aus dem Netz und den Schutz von Urheberrechten aufgeklärt.

Dänischen Nutzern droht Leitungstod

In Dänemark droht laut IFPI Tausenden Uploadern auf Basis einer Entscheidung eines obersten Gerichts das Kappen ihrer Internet-Leitung durch ihren Internet-Service-Provider.

In Frankreich seien bereits 130 Leitungen durch eine einstweilige Verfügung stillgelegt worden, so die Mutterorganisation der IFPI Österreich. In Italien wiederum sollen rund 70 unrechtmäßige Musikserver beschlagnahmt worden sein.

Betroffen sind bei der aktuellen Aktion Musik-Anbieter in Tauschbörsen wie FastTrack [KaZaA], Gnutella [BearShare], eDonkey, DirectConnect, BitTorrent, Limewire, WinMX und Soulseek.

23.000 Klagen weltweit

Außerhalb der USA werden laut IFPI derzeit in 18 Ländern mehr als 5.500 unrechtmäßige Anbieter von Musikfiles im Netz gerichtlich verfolgt, Hunderte Personen sollen bereits einer außergerichtlichen Einigung mit einer durchschnittlichen Strafe von 2.630 Euro zugestimmt haben.

In den USA wurden laut der Schwesterorganisation RIAA Klagen gegen 18.000 Tauschbörsennutzer eingebracht.

Andere Lage in Schweden

Die schwedische Dateitausch-Website The Pirate Bay hat sich bisher allen Versuchen der Film- und Musikbranche, sie vom Netz zu nehmen, widersetzt. Nun wollen die Pirateriebefürworter mit einer eigenen Partei sogar den Einzug ins Parlament schaffen.

Gemischte Bilanz

Einen ersten Erfolg der allgemeinen Bemühungen sieht Böhm in den vier Millionen online und mobil verkauften Downloads 2005. Allerdings gebe es auf dem heimischen Online-Musikmarkt noch einiges an Entwicklungspotenzial.

International verkündete die IFPI ebenfalls Erfolge, so sollen in Frankreich, Deutschland, Spanien, Schweden und Großbritannien 35 Prozent ihre unrechtmäßigen Tauschaktivitäten aus Angst vor Klagen eingestellt haben. 14 Prozent sind jedoch verstärkt tätig.

Nutzer wechseln von illegal zu legal

Elf Prozent der britischen Nutzer seien von illegalen auf legale Angebote umgestiegen und in Deutschland und Großbritannien übersteige die Zahl der Nutzer legaler Online-Musikshops mittlerweile die Zahl der unrechtmäßigen Filesharer.

Ganz verhindern, geseht Böhm allerdings ein, werde man das Tauschen von Musikfiles über das Netz nie können.

Entgegen allen Klagen zeigt eine Studie im Auftrag der kanadischen Musikindustrie, dass Tauschbörsen den Kauf von Musik sogar stimulieren können. Abschreckend sind hingegen Preis und uninteressante Angebote.

(futurezone | Nadja Igler)