Gemischte Reaktionen auf "Win-Macs"

öffnung
06.04.2006

Mit der Öffnung seiner Mac-Rechner für Microsofts Betriebssystem Windows XP sorgt Apple für einige Diskussionen. Erste Tester zeigen sich von Geschwindigkeit und Performance begeistert, Sicherheitsexperten warnen aber vor höherem Risiko.

An der Börse applaudierte man der neuen Strategie, die Apple-Aktien legten um fast zehn Prozent auf 67,21 Dollar zu.

Auch im Fachhandel wurde die Betaversion der Software "Boot Camp", mit der sowohl Mac OS X als auch Windows XP auf einem Mac-Rechner mit Intel-Prozessor gebootet werden können, im Hinblick auf steigende Umsätze begrüßt.

Nach der Ankündigung am Mittwoch füllten sich Mac-Foren in Windeseile mit Kommentaren teils empörter, teils erfreuter Nutzer.

Gute Testnoten für "Boot Camp"

Walt Mossberg, Technologie-Kolumnist beim "Wall Street Journal", testet Boot Camp bereits seit einigen Tagen und gibt der Software durchwegs gute Noten.

Die Installation auf einem neuen iMac habe weniger als eine Stunde gedauert [die meiste Zeit davon wurde für die Installation von Windows XP benötigt] und sei problemlos verlaufen. Windows sei auf dem iMac mit erstaunlicher Geschwindigkeit gelaufen, auch mit den darauf installierten Programmen habe es keine Probleme gegeben.

Einige Bugs seien aber schon aufgetaucht, so müsse etwa die Uhrzeit beim Hochfahren von Windows jedes Mal neu eingestellt werden. Weiters funktionieren die in den iMac eingebaute iSight-Kamera und einige Peripheriegeräte von Apple unter Windows nicht.

Mit dem Boot-Tool läuft die Microsoft-Software unmittelbar auf jedem Intel-Mac, auch alle notwendigen Windows-Treiber [insgesamt 80 MB] werden mitgeliefert.

Windows, Mac OS X und die Sicherheit

Auch das Thema Sicherheit wird im Zuge der Öffnung von Apple-Rechnern viel diskutiert. Generell wird darauf hingewiesen, dass Windows und Mac OS X auf den Macs auf zwei verschiedenen Partitionen und voneinander unabhängig laufen.

Zum Start des einen Betriebssystems muss das andere heruntergefahren werden, deshalb würde eine Windows-Infektion keinerlei Auswirkungen auf Mac OS X haben. Zudem könne Windows die Apple-Partition nicht lesen, das Mac-OS die Windows-Partition aber schon.

Diverse Sicherheitsanbieter warnen dennoch vor einem erhöhten Risiko für Bedrohungen wie Viren, Spyware und Trojaner.

Bedrohung durch Rootkits?

"Meine persönliche Meinung ist, dass jeder, der freiwillig Windows auf seinem Mac-Rechner installiert, ein bisschen verrückt ist", so Scott Schäfer, Chef des Security-Unternehmens Techknowsphere.

Der Apple-Partner MacInsight zeigt sich hingegen besorgt, dass Windows-basierte Rootkits auch die Mac-Umgebung gefährden könnten.

Apple selber warnt auf seiner Website, dass Windows auf dem Mac genau den gleichen Gefahren ausgesetzt ist wie Windows auf einem PC. Deshalb sei es absolut wichtig, auf aktuelle Sicherheits-Software und Microsoft-Updates zu achten.

Neues Virtualisierungs-Tool

Am selben Tag wie Boot Camp wurde von einem Dritthersteller auch eine weitere Virtualisierungs-Software vorgestellt, die das parallele Ausführen von Mac OS X und Windows sowie anderen Betriebssystemen erlaubt. Auch diese Software wird nur von Macs mit Intel-Prozessoren unterstützt, die fertige Version soll in wenigen Wochen für rund 50 Euro verfügbar sein.

Keine Reaktion von Microsoft

Von Microsoft-Seite gibt es derzeit noch keine offizielle Reaktion auf Boot Camp. Ob der Software-Hersteller von Apple im Vorfeld informiert wurde, ist nicht bekannt.

Apple selbst begründet die Öffnung mit vermehrten Kundenwünschen, "Windows auf der überlegenen Hardware von Apple

laufen zu lassen", und will damit offenbar den Verkauf seiner Rechner ankurbeln.

Zumindest beim weltgrößten PC-Hersteller Dell fürchtet man durch Apple laut Chef Kevin Rollins noch keine Konkurrenz: "Letztes Jahr war unser Wachstum größer als die ganze Firma [Apple]." Der jährliche Umsatz von Dell solle heuer noch auf bis zu 100 Milliarden Dollar steigen.

Die jüngsten Entwicklungen lassen die Spekulationen darüber aufflammen, dass Apple die Entwicklung seines Betriebssystem ganz einstellen könnte.

(futurezone | WSJ | Webchannel)