Big Brother im Büro
Ob Überwachungskameras, E-Mail-Überwachung oder Keylogger-Programme: Die Überwachung ihrer Mitarbeiter wird in immer mehr Unternehmen zum Standard.
In den USA werden nach Schätzungen der Big Brother Awards 80 Prozent der Bildschirmarbeitsplätze überwacht. In Deutschland schnüffeln angeblich 50 Prozent der Chefs hinter ihren Mitarbeitern her.
In Österreich, so vermutet Hans Zeger, Obmann der Arge Daten, ist die Überwachung am Arbeitsplatz nicht so weit verbreitet. Zu seiner Annahme führt ein Blick auf die Betriebsstruktur: Der Großteil der österreichischen Firmen zählt zu den Klein- und Mittelbetrieben.
Für diese wäre eine technische Überwachung viel zu aufwendig und zu teuer, außerdem sieht der Chef bei einem kleinen Betrieb im Vorbeigehen, ob seine Angestellten etwas arbeiten oder nicht.
IT-Betriebe überwachungsgeil
Hans Zeger hat jedoch die Beobachtung gemacht, dass IT-Betriebe besonders "überwachungsgeil" sind.
Einerseits verfügen sie über das Wissen und die technischen Möglichkeiten, andererseits könnte auch ein gewisser Spieltrieb herrschen, die neuesten Überwachungsprogramme auszuprobieren und die immer größer werdende Datenflut auszuwerten.
Es liegt der Verdacht nahe, dass die Überwachung von Mitarbeitern vor allem dort stattfindet, wo grundsätzlich ein schlechtes Arbeitsklima herrscht und ein Hire and Fire-Prinzip zum Alltag gehört.
Kein sicherer Ort, nirgends
Es gibt eine Menge Möglichkeiten, wie Vorgesetzte die Aktivitäten ihrer Mitarbeiter elektronisch überwachen können. An nahezu jedem Arbeitsplatz werden heutzutage Internet, E-Mail, elektronische Datenbanken, digitale Telefonanlagen, Scanner-Kassen, vernetzte Handhelds oder Überwachungskameras eingesetzt.
Alle diese Geräte hinterlassen digitale Spuren, die man speichern und auswerten kann. Darüberhinaus gibt es Spionage-Programme, die gezielt zur Überwachung installiert werden. Dazu zählen zum Beispiel Key-Logger, die jeden Tastendruck am PC protokollieren.
Überwachung nur mit Zustimmung
Die Überwachung von Mitarbeitern ist nicht grundsätzlich verboten, solange sie nicht die Menschenwürde verletzt. E-Mails oder Dokumente, die für den betrieblichen Zweck geschrieben werden, darf der Chef lesen.
Ist die private Nutzung von Internet und E-Mail ausdrücklich erlaubt, unterliegen diese Daten jedoch dem Fernmeldegeheimnis. Möchte ein Unternehmen zum Beispiel die E-Mails oder die Internet-Nutzung der Mitarbeiter speichern und auswerten, muss es die Mitarbeiter aber vorher informieren und deren Zustimmung einholen - entweder über den Betriebsrat oder von jedem persönlich.
Detaillierte Informationen über die rechtlichen Grundlagen des Datenschutzes und die technischen Möglichkeiten der Überwachung im Unternehmen vermittelt die Arge Daten bietet in speziellen Seminaren.
Illegal legal
Selbst, wenn ein Mitarbeiter nicht über die Überwachung informiert wurde oder nicht zugestimmt hat, können gesammelte und ausgewertete Daten gegen ihn verwendet werden. So kündigte zum Beispiel ein Callcenter einen Mitarbeiter, weil seine Arbeitsleistung zu gering gewesen sein soll.
Bei der Anfechtung der Kündigung legte das Unternehmen jahrelang gesammelte Daten über die Zahl und Länge der Telefonate des Mitarbeiters vor. Obwohl diese Beweismittel illegal erlangt wurden, waren sie vor Gericht gültig.
Auch ein Arbeitnehmer, der wegen exzessiver privater Nutzung des Internets entlassen wurde, verlor den Prozess, weil die Firma seine Internet-Nutzung nachweisen konnte.
Das richtige Maß an Paranoia
Arbeitnehmervertreter empfehlen, das Thema Datenschutz und Überwachung nicht zu verdrängen. In jedem Betrieb sollte es eine Betriebsvereinbarung über die Nutzung von Internet und E-Mail geben, außerdem sollte mit dem Betriebsrat geklärt werden, ob Daten gespeichert werden und ob es darüber eine Vereinbarung mit dem Unternehmen gibt.
Entfernt man sich vom PC, sollte sich dieser binnen weniger Minuten automatisch sperren, um neugierige Kollegen fernzuhalten. Private Mails sollte man besser nicht von der Firmen-Adresse aus schreiben, die private Internet-Nutzung bleiben lassen oder nicht übertreiben.
Außerdem werden Passwörter für heikle Dateien und die Verschlüsselung von E-Mails empfohlen.
Informationen über die technische Überwachung von Beschäftigten bei Internet- und e-mail-Nutzung bietet die Broschüre "Rächer der enterbten Daten", die von der Interessensgruppe work@IT herausgegeben wurde.
(Sonja Bettel)