Übernahmefieber bei den Telekoms
In den ersten Monaten 2006 sind allein bei drei Großübernahmen im Telekom-Sektor über 100 Milliarden Euro geflossen. Nun kursieren hartnäckige Gerüchte, dass der weltgrößte Mobilfunker Vodafone um kolportierte 140 Mrd. Euro verkauft werden soll.
Über den weltweiten Telekom-Markt rollt eine Konsolidierungswelle von einer Dimension, die seit der Übernahme-Manie der späten 90er Jahre nicht mehr erreicht worden ist.
Milliardensummen in Bewegung
Wie in der Telekom-Branche üblich geraten bei jedem dieser Deals zumindest zweistellige Milliardensummen in Bewegung. Wenn sich die in der Branche zuletzt hartnäckig kursierenden Gerüchte einer Übernahme des größten Mobilfunkunternehmens der Welt, der britischen Vodafone, bewahrheiten sollten, dann darf es noch ein bisschen mehr sein.
140 Milliarden Euro sollen vom US-Festnetzbetrieber Verizon und der spanischen Telefonica für Vodafone geboten worden sein.
Jänner 2006, 26 Mrd. Euro
Die Telefonica wiederum hatte erst im Jänner von der EU-Kommission grünes Licht für die Übernahme des britischen Mobilfunkkonzerns 02 bekommen. Preis: 26 Milliarden Euro.
März 2006, 55 Mrd. Euro
Im März 2006 erreichte die Welle der globalen Telekom-Konsolidierung einen Höhepunkt in den USA. AT&T, bis zur Zerschlagung in regionale Unternehmen 1984 die nationale Telekom der USA, kauft die ehemalige Tochter BellSouth um umgerechnet 55 Milliarden Euro zurück.
In dem fusionierten Unternehmen, das mit Cingular Wireless auch einen landesweit operierenden Mobilfunker sein Eigen nennt, werden etwa 300.000 Beschäftigte tätig sein.
Übernahme als Schutz
Der Grund, warum dem Konkurrenten Verizon - auch das ehemals ein Teil von AT&T - Übernahmegelüste betreffend Vodafone nachgesagt werden, heißt schlichtweg Zugzwang. Wachsen die direkten Konkurrenten zu neuen Größenordnungen heran, muss mitgehalten werden, sonst ist man selber übernahmereif.
Mobilfunk alleine ist zu wenig
Der Grund, warum die binnen weniger Jahre monströs gewachsene Vodafone plötzlich von Übernahmegerüchten umwabert ist, liegt in der Art und Weise des Wachstums selbst: zu weit, zu einseitig.
Mitte März hatte Vodafone seine Tochter in Japan verkauft und 15,4 Milliarden US-Dollar daraus erlöst. Der Rückzug vom japanischen Markt ist als eine Reaktion auf die von immer mehr Aktionären geäußerte Kritik an der Geschäftsstrategie zu sehen.
In Zeiten, die "Triple Play" - Digital-TV, Breitband, Telefonie aus einer Hand - regiert, sei eine rein auf den Mobilfunk [97 Prozent Umsatzanteil] abzielende Strategie schlicht veraltet.
Transatlantischer Deal
Der angekündigte Zusammenschluss der Telekom-Netzwerkbauer Lucent und Alcatel ist angesichts dieses Wachstums ihrer Auftraggeber nur ein logischer Schritt.
Zusammen kommt man auf einen Börsenwert von rund 33 Milliarden Dollar [rund 27 Mrd. Euro], der Jahresumsatz soll rund 21 Milliarden Euro betragen. Der dann weltweit größte Zulieferer im Telefoniebereich [Netzwerktechnik, Wählämter, DSL-Routing usw.] macht allerdings dann noch immer nur etwa ein Drittel des Jahresumsatzes der Deutschen Telekom aus.
Lucent ist im Übrigen ebenfalls eine ehemalige Tochter von AT&T.
Wie man es richtig macht, zeigte Richard Branson. Er verkaufte Virgin Mobile an den größten Kabel-TV-Netzbetreiber NTL, wurde dabei größter Anteilseigner und fädelte einen Deal mit der British Telecom ein. Ziel: Vermarktung der Virgin-Produkte via DSL, Kabel-TV und Mobilfunk.
(futurezone | CNBC | Reuters | Bloomberg)