Microsofts Werben um China
Bei seinem offiziellen USA-Besuch hat Chinas Staatspräsident Hu Jintao Dienstagabend als Erstes mit Microsoft-Gründer Bill Gates in dessen Haus zu Abend gegessen. Microsoft will den chinesischen Markt erobern, erste Abkommen dazu wurden schon geschlossen.
Am Montag unterzeichneten Microsoft und der weltweit drittgrößte PC-Hersteller Lenovo ein Abkommen zum Ausbau ihrer strategischen Allianz.
Gemeinsam wollen die Unternehmen die Vermarktung und Verbreitung von Microsoft- Software in China und weltweit vorantreiben, teilte Microsoft mit.
Lenovo kauft MS-Software für eine Mrd. Euro
Innerhalb eines Jahres will Lenovo dafür Microsoft-Software im Wert von etwa 1,2 Mrd. US-Dollar [992 Mio. Euro] auf Computern vorinstallieren.
Lenovo vertreibe seit November 2005 als erstes Unternehmen in China ausschließlich Computer mit Microsoft-Software, hieß es in Redmond.
Bill Gates serviert drei Gänge
Chinas Staatspräsident Hu wird bei Gates das erste formelle Abendessen seiner USA-Reise einnehmen. Dafür sind nach der offiziellen Begrüßung unter anderem ein Toast vor den rund 100 Gäste aus Politik und Wirtschaft sowie ein Drei-Gänge-Menü geplant.
90 Prozent illegale Software
Mit der Kooperation erhofft sich der weltgrößte Softwarekonzern auch, einen einflussreichen Partner im Kampf gegen Software-Piraterie zu gewinnen.
Aus Furcht vor ungehemmter Piraterie hatte die US-Industrie lange gezögert, in den chinesischen Markt zu investieren. Sony etwa startete erst Anfang 2004 mit seiner Spielekonsole PS2 in China.
Rund 90 Prozent der in China eingesetzten Computer-Software soll illegal kopiert sein, wodurch die Branche weltweit US-Angaben zufolge allein 2004 rund 3,5 Milliarden Dollar an Umsätzen verloren hat.
Hus "Gastgeschenk"
Lenovo erkenne die Wichtigkeit des Schutzes von Software und Urheberrechten an, so Gates. In den Lenovo-Läden bietet der chinesische PC-Hersteller zum Beispiel Aufklärungs- und Bildungsprogramme zum Thema Urheberrechtschutz an.
Als eine Art "Gastgeschenk" von Chinas Präsident Hu kann auch eine neue chinesische Verordnung gesehen werden: Vor zwei Wochen hatte Chinas Regierung erklärt, dass alle PCs, die in China genutzt werden sollen, künftig mit einem lizenzierten Betriebssystem ausgestattet sein müssen, um Piraterie zu bekämpfen.
Bei seiner Begegnung mit Microsoft-Gründer Bill Gates bekräftigte der chinesische Staats- und Parteichef die Absicht, verstärkt gegen Produktpiraterie vorzugehen. Mit derartigen Zugeständnissen hofft auch China seinerseits mehr Investitionen und Investoren ins Land zu holen.
Laut dem chinesischen Urheberrechtsbüro ist die neue Verordnung keine Reaktion auf den zunehmenden Druck von außen, sondern notwendig für die Entwicklung von Chinas Wirtschaft.
Microsoft gegen Linux
Laut dem chinesischen Informationsministerium können die Hersteller aber selbst entscheiden, welches Betriebssystem sie mit ihren Rechner ausliefern wollen.
Genau hier will Microsoft ansetzen, da China bereits seit einiger Zeit eigentlich auch die Nutzung von freier Software [Open Source] wie Linux propagiert - vor allem, um sich von westlichen Großkonzernen wie eben Microsoft und deren Lizenzforderungen unabhängig zu machen.
Während China mit Jahresende mit bis zu 200 Millionen Internet-Nutzern rechnet, reihen US-Marktforscher die Chinesen mit etwa 120 Mio. Usern noch deutlich hinter den USA ein.
Auch Yahoo und Google in China
Chinas boomende Wirtschaft und die steigende Kaufkraft der Chinesen ziehen auch immer mehr Internet-Firmen in das Land.
Trotz aller Kritik an der chinesischen Internet-Zensur sind sowohl die Suchmaschine Google als auch Yahoo und Microsofts MSN in China mit einem lokalen Angebot vertreten.
Kein Anbieter will sich das potentiell lukrative Geschäft mit der Online-Suche entgehen lassen. Und wer zu spät kommt, könnte auf dem chinesischen Markt keine Chance mehr bekommen.
Google habe sich für die Expansion in China der Regierung gegenüber verpflichtet, den chinesischen Gesetzen streng zu folgen, so Google-Chef Eric Schmidt. Es habe keine Alternative gegeben, so Schmidt, und: "Es war die richtige Entscheidung für Google."
Proteste gegen Zensur
Hus Staatsbesuch erfolgte jedoch nicht ohne Proteste: Vor dem Microsoft-Werksgelände in Seattle fanden sich am Dienstag zahlreiche Demonstranten ein.
Auf Plakaten forderten sie die Volksrepublik China zu einem Ende der Zensur im Internet und zur Freilassung aller politischen Gefangenen auf. Auch vor dem Hotel, in dem die chinesische Staatsdelegation Quartier bezog, versammelten sich hunderte Demonstranten.
(futurezone | dpa | AP | Reuters)