High-Tech-Inkubator für US-Geheimdienste
Der Chef der CIA-Tochterfirma In-Q-Tel ist nach nur vier Monaten im Amt so schnell zurückgetreten, dass nicht einmal ein Interimsnachfolger präsentiert werden konnte. Sein letzter Deal für In-Q-Tel war der Verkauf einer 3-D-Software-Firma an Google.
Das große Gehen in der CIA
Wenige Tage nachdem eine ranghohe CIA-Mitarbeiterin wegen zu intensiver Pressekontakte von der Agency öffentlich gebrandmarkt und gefeuert worden war, machte der Chef der CIA-Venture-Firma In-Q-Tel einen Blitzabgang.
Nach nur vier Monaten legte Amit Yoran am vergangenen Wochenende überraschend seinen Posten bei In-Q-Tel zurück. Die Gründe seien ausschließlich persönlicher Natur, er müsse sich einfach mehr um seine Familie kümmern, erklärte Yoran der "Washington Post". Für die CIA-Tocherfirma kam der Abgang so überraschend, dass nicht einmal ein provisorischer Geschäftsführer präsentiert werden konnte, geschweige denn ein Nachfolger.
Der "Inkubator" der CIA
All das legt nahe, dass die Angelegenheit hinter den Kulissen nicht ganz so "amikal" abgegangen ist, wie beide Seiten im Nachhinein erklären.
In-Q-Tel ist für die CIA und mittlerweile auch andere Dienste als "Inkubator" tätig. Am laufenden Band werden vor allem kleine, innovative Software-Firmen, aber auch Unternehmen aus dem Bio- und Nanotechnologiebereich beobachtet und evaluiert.
Start-ups, hochgepäppelt
Werden dabei Produkte entdeckt, die für die Geheimdienstarbeit relavant werden könnten, nimmt In-Q-Tel die betreffenden Start-ups unter seine Fittiche. Wenn nötig, werden sie mit Finanzspritzen fit für den Markt gemacht, dazu werden sie mit Aufträgen aus den staatlichen Töpfen gepäppelt, die unter der Kontrolle der "Intelligence Community", also der militärischen Nachrichtendienste, stehen.
Gute Geschäfte mit Google
Manchmal wird dabei auch bloß ein gutes Geschäft gemacht. Mitte März verkaufte In-Q-Tel aus seinem Firmenportfolio den 3-D-Spezialisten @Last Software an den Suchmaschinenriesen Google, ein Preis für die Übernahme wurde nicht genannt.
Im Oktober 2004 war bereits ein ähnlicher Deal zwischen dem CIA-Inkubator und Google gelaufen, mit dem ebenfalls auf 3-D-Visualisierung spezialisierten Softwarehaus Keyhole hatte Google erstmals aus dem Portfolio von In-Q-Tel eingekauft. Das Keyhole-Produkt hieß dann schließlich: Google Earth.
Lucent, Alcatel, CIA
Auf der Website von In-Q-Tel ist Yorans Biografie zwar noch vorhanden, wird aber nicht mehr verlinkt. Dem Aufsichtsrat des CIA-Unternehmens gehören neben einer Mehrzahl von ehemals hochrangigen Pentagon-Strategen auch James Barksdale, ehedem CEO von Netscape Communications, und der Präsident von Lucents Forschungsabteilung Bell Labs an.
Noch, denn sollte es tatsächlich zur geplanten Übernahme von Lucent durch die französische Alcatel kommen, wäre hier eine Situation der äußerst delikaten Art gegeben. Die am französischen Rüstungskonzern Thales maßgeblich beteiligte Alcatel würde über die Bell Labs in einer CIA-eigenen Firma über die Software-Strategie der US-Nachrichtendienste mitbestimmen - was eigentlich nicht denkbar ist.
Google klingt plausibel
Über die wahren Gründe, warum die schnelle Karriere Yorans, die sich nach Abschluss der Militärakademie West Point immer im Dunstkreis der Nachrichtendienste vollzogen hatte, nun einen blitzartigen Knick erfuhr, wird heftig spekuliert.
Die auf Satelliten-Kartografie spezialisierten US-Nachrichtendienste hätten Yoran, der zwischendurch auch Chef der Cybersecurity-Abteilung im US-Ministerium für Heimatschutz war, den Verkauf von @Last Software an Google übel genommen, mutmaßen die Einen.
Das ist insofern plausibel, als diese Dienste bereits öffentlich schwere Bedenken gegen die freie Verbreitung von Google Earth geäußert hatten.
Zu gute Geschäfte
Yoran, der in Eigenregie selbst eine Anzahl von Firmen führt, die genau ins Portfolio von In-Q-Tel passen würden, habe zu gute Geschäfte für sich selbst gemacht, lautet die andere Theorie.
Und dann gibt es noch die Variante, dass dem rätselhaften Blitzabgang ein Schlagabtausch zwischen der CIA-Spitze und israelischen Nachrichtendiensten zu Grunde liegt. Der erst 35 Jahre alte Start-Up-Unternehmer und Geheimdienst-Karrierist mit US-Pass entstammt einer Einwandererfamilie aus Israel.
(Erich Moechel)