Microsoft dank Raubkopien so erfolgreich

taktik
27.04.2006

Zwar kämpft Microsoft offiziell gegen Softwarepiraterie an, doch Kritiker unterstellen dem Konzern eine hintergründige Geschäftsstrategie. Ähnlich wie bei Drogendeals sei die erste Dosis Windows gratis und dann könne man nicht mehr aufhören, so der Vorwurf.

Jene Milliarden US-Dollar, die Microsoft jedes Jahr durch die Verbreitung von Raubkopien entgehen, könnten trotzdem die lukrativsten Verkäufe sein, die niemals gemacht wurden. Das berichtet die "Los Angeles Times".

Denn obwohl der US-Softwarekonzern von offizieller Seite Millionen von Dollar in die Pirateriebekämpfung investiert, wird durch die Verbreitung der illegalen Windows-Software die Konkurrenz ausgestochen und gleichzeitig vor allem in Schwellenländern eine Breite zukünftige Kundenbasis geschaffen.

"Wenn schon stehlen, dann unsere Software"

Die Zeitung zitiert dabei Bill Gates, der 1998 an der Universität Washington bestätigt hat: "Obwohl in China jedes Jahr etwa drei Millionen Computer verkauft werden, zahlen sie nichts für die Software. Eines Tages werden sie das aber tun."

"Und solange sie Software stehlen, wollen wir, dass sie unsere stehlen. So werden sie auf eine gewisse Art abhängig und wir werden schon noch herausfinden, wie wir dann im nächsten Jahrzehnt dafür kassieren können."

Freilich wäre es Microsoft noch weitaus lieber, die eigene Software gewinnträchtig zu verkaufen. Daher bemüht sich MS-Chef Bill Gates um besonders gute Kontakte zum Präsidenten des Wachstumsmarkts China.

Kopien als Einstiegsdroge in die Windows-Welt

"Die erste Dosis ist kostenlos", vergleicht ein Professor der Universität Berkeley, Hal Varian, mit dem Marketing von Drogendealern. "Hat man erst einmal begonnen, ein Produkt zu verwenden, bleibt man auch dabei."

Die Frage sei, ob es sich dabei nur um ein versehentliches oder gar bewusstes Geschäftsmodell handle, so Eric Goldman von der Marquette-Universität. "Wahrscheinlich alles beide."

Seit 1986 ohne Kopierschutz

Anders als etwa die Musikindustrie, die vor allem in jüngster Ziet mit Kopierschutzbestrebungen auf sich aufmerksam gemacht hat, setzt Microsoft seit 1986 bewusst keinen Kopierschutz ein, um das Kopieren seines Betriebssystems zu verhindern.

Nach der Installation muss das Produkt mittels eines Schlüssels, der zuhauf illegal im Netz kursiert, aktiviert werden.

Zwar wurde eine Zeit lang mit diversen technischen Schutzvorrichtungen experimentiert, doch das zog massive Kundenbeschwerden nach sich, da es in einigen Fällen zu Problemen bei der Installation führte, zudem fanden Angreifer immer schnell einen Weg, den Schutz zu umgehen.

Vor knapp zwei Jahren führte MS schließlich das "Genuine Advantage Program" ein, das Nutzern legaler Windows-Versionen Bonus-Downloads bietet, während illegalen Nutzer der Zugang zu Software-Updates und Patches verwehrt bleibt.