Handy-TV als "Meta-Trend" 2006

11.05.2006

Noch fehlen wie beim Start von UMTS die Endgeräte, doch sollen in den nächsten sechs Jahren weltweit 255 Millionen TV-taugliche Handys verkauft werden, sagen Experten. Das derzeit in Bau befindliche terrestrische Digital-TV-Netz in Österreich ist kompatibel mit Handy-TV.

Die augenblickliche Stand von Video-, besonders aber TV-Übertragungen über drahtlose, digitale Telefon-­ und Datennetze [UMTS] ähnelt der Situation Ende der 90er Jahre im Internet.

Die Technologie zum "Streamen" von Videoclips, aber auch längerer TV-Produktionen via Internet war schon vor der Jahrtausendwende einsatzbereit - allein die Netze waren es nicht. Fehlende Bandbreite, notorisch ruckelnde Bilder und Tonaussetzer sorgten so in den ersten Jahren für einen äußerst mühsamen Start von Internet-TV [IPTV].

TV und UMTS-Bandbreiten

Was ab der Jahrtausendwende dann DSL in allen seinen Varianten für Video und TV-Dienste im Internet war, wird der beschleunigte UMTS-Standard HSDPA [High Speed Downlink Packet Access] freilich nicht für TV über Mobilfunknetze sein.

Hier enden die Analogien. Mit zukünftigen Übertragungsraten von bis zu 3,6 MBit/s pro Funkzelle ist HSDPA schlicht nicht tauglich für ein breiteres TV-Publikum. Ein Dutzend TV-Benutzer in einer auffrisierten UMTS-Funkzelle reicht auch in Hinkunft, um diese recht schnell zu verstopfen.

Das gute alte Broadcasting

Folglich greift man auf das gute alte Broadcasting-Verfahren zurück: TV-Ausstrahlung, nun halt digital, genannt DVB-H [Digital Video Broadcasting - Handheld].

Bandbreite ist für DVB-H nicht wirklich ein Problem, da ja nicht für jeden User ein eigener Stream gesendet wird, weil Broadcasting nun einmal vom Prinzip her eine Ausstrahlung für alle ist.

Das einzige Problem von DVB-H ist vom UMTS-Start nur zu bekannt: Noch fehlen die Endgeräte, also Handys mit eingebautem DVB-H-Modul, die Netze selbst werden deutlich früher fertig sein.

Ab 27. September gehen in einzelnen Teilen Österreichs die ersten Sender für Digital-TV [DVB-T] "free on air", ORF1, ORF2 und ATV+ werden in allen Landeshauptstädten digital ausgestrahlt, der reguläre Digital-Betrieb startet im zweiten Halbjahr 2007.

Im Gegensatz zum analogen Signal kann Digital-TV auch im portablen Betrieb [DVB-H] empfangen werden. Beim Digital-TV in Österreich kommen keinerlei Digital-Rights-Management-Maßnahmen [DRM] zum Einsatz, die Programmaufnahme ist wie gewohnt weiterhin möglich.

Gemischter DVB-T/H-Betrieb

DVB-H [für Handheld-Geräte] ist ein internationaler Standard, der mit DVB-T [t wie "terrestrisch"] nicht nur kompatibel ist, sondern auch einen gemischten Betrieb von DVB-H/T-Multiplexen möglich macht, bei denen sich die Systeme für Handys und Heim-TV einen Kanal teilen.

DVB-H wurde weltweit seit mehr als drei Jahren getestet. Die großen Hersteller wie Nokia, Motorola, BenQ-Siemens, Sony-Ericsson sowie die deutschen Mobilfunknetzbetreiber setzen ausschließlich auf den DVB-H-Standard. Im März ist auch Microsoft - spät, aber doch - der Allianz beigetreten, Intel ist bereits wesentlich länger dabei.

Samsung, LG und andere verwenden auch andere Systeme wie das [ältere] koreanische DMB, das japanische ISDB-T und das amerikanische MediaFlo. Diese vom US-Anbieter Qualcomm entwickelte Technologie wird derzeit von Rupert Murdochs BSkyB getestet, nachdem ein im Herbst 2005 gestarteter UMTS-Pilotversuch mit Vodafone nicht die erwünschten Ergebnisse gebracht hatte.

"Mobil-TV Meta-Trend 2006"

Auf dem Branchenkongress "MobileTV Outlook" am 24. Mai in München wird davon ausgegangen dass mobiles Fernsehen zu den Meta-Trends 2006 zählen wird. Der globale Markt für mobile audiovisuelle Anwendungen soll im Jahr 2009 1,5 Milliarden Dollar überschreiten, 255 Millionen Handys mit mobilen TV-Empfangstechnologie werden in den kommenden sechs Jahren weltweit über die Ladentische gehen.

Fußball-WM und Endgeräte

Zur Fußball-WM im Juni wird in Deutschland noch über den in Südkorea seit mehreren Jahren verwendeten DMB-Standard [Digital Multimedia Broadcasting] gesendet.

ZDF, N24, MTV und ein neues Fernsehprogramm sowie zwei Radiosender in den zwölf WM-Städten sind mobil empfangbar. Die für den Empfang nötigen Handys sollen im Mai auf den Markt kommen.

Ob zur Fußball-WM in Deutschland tatsächlich genügend DMB-taugliche neue Handys zur Verfügung stehen und unter die Kunden gebracht werden können, wird sich erst weisen.

Hutchison 3G

Der wohl experimentierfreudigste UMTS-Netzbetreiber Hutchison 3G ["3"], der bereits eine Vielzahl von Videodiensten anbietet, aber damit derzeit nur einen relativ geringen Prozentanteil seines Gesamtumsatzes macht, setzt mittlerweile auf DVB-H.

Diese Technik stelle zurzeit die weltweit vielversprechendste Möglichkeit der Ausstrahlung von mobilem Fernsehen dar, hieß es kürzlich seitens der Geschäftsführung bei einer Pressekonferenz.