NSA-Lauschangriff kocht hoch

11.05.2006

Der Lauschangriff des Militärnachrichtendienstes NSA auf weite Teile der US-Bevölkerung zieht immer weitere Kreise. In Medien wie CNN und "USA Today" kritisiert nun der US-Kongress den Datenskandal gigantischen Ausmaßes.

Die National Security Agency [NSA] steht seit Monaten wegen der Spionage gegen die eigenen Bürger in der Kritik.

Im Zuge des Anti-Terror-Kampfs seit dem 11. September wurden "im Interesse der nationalen Sicherheit" Milliarden an Telefondaten - wer mit wem, wann und wie oft telefoniert - von Millionen US-Bürgern gesammelt.

Pauschales Abhören ohne Verdacht

Nach einem Bericht in der "USA Today" reagiert nun auch der US-Kongress mit heftigem Protest.

"Will mir jemand erzählen, dass zig Millionen Amerikaner etwas mit El Kaida zu tun haben?", so der demokratische Senator Patrick Leahy [Vermont] gegenüber CNN. "Dies sind zig Millionen Amerikaner, die für rein gar nichts verdächtig sind".

"Eine Schande"

Es sei eine "Schande", dass der Kongress so wenig wisse und bereit sei, alles abzusegnen, was diese Regierung tue.

Bush verteidigt Aktion im TV

Auch Präsident George W. Bush sah sich nach dem Bericht in "USA Today" zu einer von den großen US-Fernsehsendern direkt übertragenen Stellungnahme gezwungen.

Die Privatsphäre des normalen Amerikaners werde bei allen Aktivitäten strikt geschützt, so Bush. Im Kampf gegen El Kaida seien lediglich Auslandsgespräche abgehört worden.

"In Einklang mit Gesetzen"

"Die Geheimdienstaktivität, die ich genehmigt habe, befindet sich im Einklang mit den Gesetzen. Die zuständigen Kongressmitglieder - Republikaner und Demokraten - wurden über sie unterrichtet", so Bush. "Die Privatsphäre der einfachen Amerikaner wird bei all unseren Handlungen aufs Schärfste verteidigt. Wir graben nicht im Privatleben von Millionen unschuldiger Amerikaner."

Er bedauere, dass "jedes Mal, wenn Geheimdienst- Informationen bekannt werden, unsere Fähigkeit, den Feind zu schlagen, geschwächt wird".

Anhörung der Telekoms

Der Vorsitzende des Rechtssauschusses im Senat, der republikanische Senator Arlen Spector, kündigte eine Anhörung der betroffenen Telefongesellschaften in dem Gremium an.

"Das ist die größte Datenbank, die jemals auf der Welt erstellt wurde", zitierte die "USA Today" einen der Experten, die die Redaktion mit Informationen versorgt hatten.

Mit der NSA haben demnach AT&T, Verizon und BellSouth zusammengearbeitet, die zusammen auf mehr als 200 Millionen Kunden kommen. Unter den großen Konzernen habe sich lediglich Qwest geweigert, die Daten seiner 14 Millionen Kunden weiterzugeben.

Hayden bald CIA-Chef?

Das Überwachungsprogramm der National Security Agency [NSA] begann unter der Verantwortung des ehemaligen NSA-Chefs General Michael Hayden. Hayden führte die NSA von 1999 bis 2005.

Ohne richterliche Genehmigung

US-Präsident George W. Bush wurde bereits im Dezember 2005 wegen zahlreicher Lauschangriffe der NSA vom US-Kongress heftig kritisiert.

Bush verteidigte die richterlich nicht abgesegneten Lauschangriffe mit dem Kampf gegen den Terrorismus.

Auch republikanische Volksvertreter bezeichneten dieses Vorgehen als verfassungsrechtlich sehr problematisch.

(dpa)