Scharfe Regeln für Wikipedia-Kopie
Die größte chinesische Suchmaschine Baidu baut eine eigene Online-Enzyklopädie wie Wikipedia auf, die in China wegen ihrer politischen Inhalte gesperrt ist. Für die Inhalte gelten strenge Regeln.
Das von Internet-Nutzern geschriebene Nachschlagewerk verbietet "bösartige Beurteilungen des gegenwärtigen nationalen Systems" und "Angriffe auf Regierungsinstitutionen und Funktionäre", geht aus den Bestimmungen des Baidu Baike genannten Dienstes hervor.
Verboten sind Beiträge, die "die gesellschaftliche und öffentliche Ordnung schädigen" oder "Streit im Zusammenhang mit Minderheiten, Rassismus, Religion und Regionen anzetteln". Baidu behält sich die Interpretation "angemessener" Beiträge vor.
Online-Karriere mit Titel
Nach eigenen Angaben enthält Baidu Baike kurz nach dem Start im April derzeit 107.662 Wörter. Autoren, deren Beiträge erfolgreich die Zensur passieren, können Titel erwerben und praktisch online Karriere machen.
Rechte liegen bei Baidu
Anders als bei Wikipedia, deren Texte wie freie Software veröffentlicht werden, sichert sich Baidu alle Urheberrechte.
Wikipedia fiel in Ungnade
Das internationale Wikipedia begann seine chinesische Version 2001 und hat heute 67.000 Einträge.
Zunächst waren vor allem wissenschaftliche und geschichtliche Themen aufgegriffen worden, sodass sich Chinas staatliche Zeitungen Anfang 2004 lobend über Wikipedia äußerten.
Tiananmen löste erste Blockade aus
Die erste Blockade durch die chinesische Zensur wurde aber 2004 um den Jahrestag der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung am 4. Juni 1989 auf dem Tiananmen dokumentiert.
Um das Massaker von Tiananmen entwickelte sich bei Wikipedia eine lebhafte Debatte - ähnlich über die demokratische Inselrepublik Taiwan, die Peking nur als abtrünnige Provinz betrachtet.
Wikipedia seit Oktober 2005 gesperrt
Als heikle Themen kamen die Einkindpolitik sowie die Herrschaft der Kommunistischen Partei hinzu, sodass der Zugang zu Wikipedia nach sporadischen Unterbrechungen im Oktober 2005 endgültig gesperrt wurde. Selbst die deutschen und englischen Versionen sind nicht mehr zugänglich.
Das Internet-Unternehmen Baidu nutzt die Sperre jetzt, um sich selbst als Nummer eins der offenen Enzyklopädien in China zu etablieren. Kritiker werfen Baidu Baike aber vor, Inhalte von Wikipedia kopiert zu haben.
In einem Interview mit der "Financial Times" gab Baidu-Chef Robin Li vor, nicht einmal zu wissen, dass Wikipedia in China gesperrt sei. Er bestätigte, dass "Baidupedia", wie seine Enzyklopädie auf Englisch genannt wird, das Wikipedia-Prinzip kopiert hat.
(dpa)