Kostenexplosion bei EU-Sat-Navigation
Das europäische Satelliten-Navigationssystem Galileo verschlingt allein in der laufenden Startphase deutlich mehr Geld als veranschlagt. 300 Mio. Euro zusätzlich sollen die ersten vier Satelliten kosten. Als Grund werden "organisatorische Defizite" genannt.
Waren ursprünglich 1,1 Mrd. Euro für die Startphase von Galileo geplant, rechnet das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt [DLR] nun mit 1,4 Mrd. Euro an Kosten, berichtet die Tageszeitung "Die Welt" [Montag-Ausgabe].
Die Mehrkosten argumentiert DLR-Chef Sigmar Wittig gegenüber der Zeitung mit den deutlich komplexeren Abstimmungsprozessen als erwartet. Demnach ist vor allem die Abstimmung zwischen der EU und der Europäischen Weltraumbehörde [ESA] "verbesserungswürdig".
So müssten etwa die notwendigen Frequenzen zwischen den Ländern erst noch so abgesichert werden, dass das Satellitensystem später fehlerfrei arbeiten könne, so Wittig weiter. Mit einem Start rechnet er frühestens 2010.
Mit Galileo wollen die Europäer eine Alternative zum GPS-System der USA aufbauen. Profitieren soll davon vor allem die Wirtschaft der EU-Länder, die auf Galileo basierend etwa Location-based Services [Lokalisierungsservices] anbieten sollen.
Laut den ursprünglichen Plänen sollte der Aufbau von Galileo rund 3,8 Mrd. Euro an öffentlichen und privaten Investitionen kosten. Damit ist es das größte Weltraumprojekt, das jemals in Europa in Angriff genommen wurde.
17 EU-Länder tragen das Projekt, Deutschland zählt zu den größten Kapitalgebern. Das DLR koordiniert hierbei Planung und Umsetzung der deutschen Aktivitäten.
Streit über Geld und Zuständigkeiten
In der großen Beteiligung liegt auch der Kern für die organisatorischen Schwierigkeiten. So hatte etwa der frühere deutsche Wirtschaftsminister Wolfgang Clement entsprechend der höheren Kostenbeteiligung Deutschlands auch eine entsprechend höhere Beteiligung an Gewinn und Nutzen des Systems gefordert.
Laut Wittig hätte man auch der operativen Führungsgesellschaft Galileo Joint Undertaking von vornherein mehr Kompetenzen und eine stringentere Führungsstruktur geben müssen sowie klarer formulierte politische Absprachen zwischen den beteiligten Ländern.
Daraus würden sich auch die Verzögerungen erklären - schließlich sollte Galileo laut ersten Plänen deutlich vor 2010 einsatzbereit sein.
Weitere Kostensteigerung möglich
Ob die Kosten bei den veranschlagten 3,8 Mrd. Euro bleiben, konnte Wittig nicht sagen. Es steckten noch zu viele Unbekannte in der Rechnung.
Technisch hätten die Europäer das System im Griff, so die Zeitung weiter. Die bisherigen Verzögerungen hätten die Funktionstüchtigkeit des Systems nicht beeinträchtigt, so Wittig.
Im Jänner startete der erste Galileo-Satellit ins All, der Starttermin für den zweiten Satelliten im April musste verschoben werden. Dieser soll nun im Herbst abheben.