Kopierschutz ist ein "Notwehrakt"
2002 werden entscheidende Weichen für die Musikindustrie und ihre Konsumenten gestellt: Einerseits muss die EU-Copyright-Richtlinie jeweils in nationales Recht der Mitgliedsländer umgesetzt werden, andererseits sollen Kopierschutzverfahren für Musik-CDs endgültig etabliert werden.
Laut dem Branchenverband der Musikindustrie in Österreich [ifpi] wird damit nichts weniger als "die Zukunft der kreativen Branchen für die nächsten zehn Jahre entschieden".
In einem Gespräch mit der FutureZone bekräftigte die ifpi zunächst noch einmal die Notwendigkeit von technischen Kopierschutzverfahren, da ohne diese die Verluste durch Filesharing und das massenhafte Kopieren mit CD-Brennern die gesamte Musikbranche existenziell gefährdet sei.
Dabei werden beide Verfahren allerdings nicht nur als Bedrohung gesehen, sondern durchaus auch als positives Signal dafür, dass ein ungebrochenes oder sogar wachsendes Interesse an Musik vorhanden ist.
Branchenverband der Musikindustrie
Die ifpi ist ein Branchenverband auf freiwilliger Mitgliedsbasis,
der sich vollständig von den Beiträgen seiner Mitglieder finanziert.
Offline beschäftigt er sich vor allem mit professionell
produzierten, illegalen Kopien, für die Österreich allerdings vor
allem ein Transitland ist.
Zollbeamte gegen Software- und Musikpiraten
Kopierschutz als Notwehrakt
Laut ifpi lassen sich zwar die Verluste der Branche durch CD-Brenner und Filesharing nicht exakt beziffern, aber der Zusammenhang zu rückgängigen CD-Verkäufen sei genauso wenig zu leugnen.
Eine quantitative Benennung der online getauschten Files in Österreich ist dabei nicht seriös zu treffen, der Effekt von CD-Brennern allerdings zumindestens abzuschätzen.
Nach einer Untersuchung, die von Fessel-GfK im Auftrag der ifpi durchgeführt wurde, standen 2001 21 Millionen verkaufte Musik-CDs etwa 15 Millionen mit Musik bespielte CD-Rohlinge gegenüber, was 43,3 Prozent aller gebrannten CD-Rs entspricht.
Von den Musikkonsumenten, die CDs brennen, kaufen demnach 30 Prozent weniger Original-CDs, sieben Prozent kaufen sogar mehr und der Rest [also die Mehrheit] etwa gleich viele.
Laut ifpi sind technische Kopierschutzverfahren angesichts dieser Zahlen "ein Notwehrakt", der allerdings niemals alle Konsumenten vom Kopieren abhalten wird, sondern analog zum Ladendiebstahl nur die Quote auf ein erträgliches Maß drücken kann.
Harte Debatte um CD-KopierschutzEU-Copyright wird umgesetzt
Im Gegensatz zu den technischen Kopierschutzvorrichtungen, die auch laut ifpi einem ständigen Innovationsdruck unterliegen, erwartet die Musikindustrie von der Umsetzung der Copyright-Richtlinie der EU ["Urheberrechtsrichtlinie in der Informationsgesellschaft"] klare und unverrückbare Rahmenbedingungen für den Schutz vor illegalen Kopien.
Die Richtlinie, die in den Mitgliedsländern bis zum Oktober 2002 umgesetzt werden soll, erlaubt zwar prinzipiell Kopien für den privaten Gebrauch, verbietet aber gleichzeitig die Verbreitung von Werkzeugen zur Umgehung von technischen Kopierschutzvorrichtungen.
Erster Gesetzesentwurf im Sommer
In Österreich erwartet ifpi einen ersten Gesetzesentwurf, der die
EU-Richtlinie umsetzt, für den Sommer, eine endgültige Umsetzung im
Dezember.
Appell an Telekoms und Hardware-Industrie
Ein Umdenken fordert die ifpi unterdessen von Telekoms und der Hardware-Industrie, die Musik als Verkaufsargument für ihre Produkte benutzen, sich aber gleichzeitig nicht genug um den Urheberschutz bemühen würden.
Demnach wäre es auch sinnvoll, wenn Kopierschutz nicht nur einseitig durch die Content-Industrie eingesetzt, sondern bilateral zwischen Content- und Hardware-Industrie abgestimmt würde, weil dadurch Probleme bei der Abspielbarkeit von vornherein ausgeschlossen werden könnten.