Jugend experimentiert mit Sex im Web

06.06.2006

Webcams, Instant Messages und Chats haben einer niederländischen Untersuchung zufolge zu einer neuen "sexuellen Revolution" unter Jugendlichen geführt. Längst wird im Netz nicht mehr nur geflirtet, ein Viertel der Jugendlichen hatte bereits "Cyber-Sex", so die Studie.

Das Internet scheint das Sexleben von Jugendlichen entschieden zu verändern.

In einer umfassenden, aber nicht wissenschaftlichen Studie erklärten ein Viertel der männlichen Teenager und 20 Prozent der Mädchen, dass sie in jüngster Zeit "Cyber-Sex" hatten. Definiert wird das als sexuelle Interaktion durch den Austausch von Texten oder Bildern.

Drei Viertel der Mädchen und 80 Prozent der Burschen flirteten nach eigenen Angaben online.

Neue Beziehungsformen

"Wie die sexuelle Revolution in den sechziger und siebziger Jahren hat jetzt das Internet neue Formen sexueller Beziehungen möglich gemacht, und sie werden erstmals in großem Umfang von einer neuen Generation von Jugendlichen genutzt", heißt es in den Schlussfolgerungen der Forscher.

In Auftrag gegeben wurde die Untersuchung von Royal KPN NV, dem größten Internet-Provider der Niederlande, und "My Child Online", einer Elterninitiative.

Auch Belästigung an der Tagesordnung

Der Studie zufolge hatten aber auch 26 Prozent der Mädchen und zehn Prozent der Burschen negative sexuelle Erlebnisse, was von unangemessenen Formulierungen bis zu konkreten Belästigungen reicht.

Umfassende Aufklärung durch die Eltern

Die Ergebnisse hätten sie überrascht, sagt Justine Pardoen von "My Child Online". "Die Eltern reden immer nur über die möglichen Gefahren im Internet und davon, wie sie ihr Kind vor Online-Tätern schützen könnten. Sie müssten sich aber um etwas ganz anderes kümmern: Ihre Kinder 'machen es' schon online."

"Nicht Aufschieben"

Es gebe deshalb keinen Grund zur Panik, aber die Eltern müssten ihr Verhalten anpassen, sagt Pardoen.

"Eltern müssen mit ihren Kindern über Sex und das Internet genauso reden wie über die Gefahren von Alkohol und Drogen - und sie können es nicht hinausschieben", sagt Pardoen. "Vom ersten Mal an, wenn die Kinder im Internet sind, sind sie mit Sex konfrontiert."

Auch immer mehr Hersteller von Online-Spielen setzen auf Games mit eindeutig sexueller Ausrichtung.

Ergebnisse nur als Trend zu sehen

Hanneke de Graaf, Mitarbeiterin der mit der Studie beauftragten Firma, weist aber auf einige offenkundige Probleme mit den Daten hin.

Die Angaben kamen alle von Freiwilligen, die ein Online-Formular ausfüllten. 10.900 Bögen flossen schließlich in die Auswertung ein.

Es gab dabei wesentlich mehr Antworten von weiblichen als von männlichen Jugendlichen, das Durchschnittsalter lag bei 17,2 Jahren bei den männlichen Jugendlichen und 16,2 Jahren bei den weiblichen. Und alle waren überdurchschnittlich starke Internet-Nutzer.

"Als Hinweise auf einen Trend sind die Ergebnisse aber interessant", betont de Graaf.

Studie mit menschlichen Schwächen

Die Studie bestätigt zudem bekannte Verhaltensweise aus dem normalen Leben: dass Burschen ihre sexuellen Aktivitäten übertreiben und Mädchen ihre unterschätzen. Während 32 Prozent der Burschen angaben, auch echten sexuellen Kontakt mit einer Online-Bekanntschaft gehabt zu haben, waren es bei den Mädchen zwölf Prozent.

(AP)