Tauschbörsen-Nutzer trotzen Klagewelle

12.06.2006

Trotz Klagen und Razzien bleibt Filesharing beliebt. Jüngsten Zahlen zufolge nutzen weltweit 9,736 Mio. Nutzer Tauschbörsen wie eDonkey. Selbst die ehemalige RIAA-Präsidentin Hillary Rosen sieht Klagen als überholt an und fordert von der Industrie mehr Kooperation mit den Tauschbörsen.

Mit 9,736 Mio. Nutzern im Mai dieses Jahres weist BigChampagne, spezialisiert auf das Auswerten von Tauschbörsen-Daten, über zwölf Prozent mehr User als noch im Mai letzten Jahres aus, berichtet die "Musikwoche".

Höchster Wert im März

Der Wert sei der zweithöchste, den BigChampagne jemals registriert habe, noch mehr Nutzer wurden mit 9,992 Mio. nur im März gezählt.

Nicht eingerechnet ist dabei das BitTorrent-Netzwerk, das in Spitzenzeiten bis zu zwei Drittel des Datenverkehrs im Netz ausmachen soll.

Razzien hinterlassen kaum Spuren

Zuletzt machten einige große Razzien, unter anderem in Deutschland und Schweden, Schlagzeilen - ihre Wirkung scheint aber nur temporär zu sein.

Vielmehr liegt die Vermutung nahe, dass sich die Nutzer daraufhin erst recht Tauschbörsen, und sei es nur zur Probe, zuwenden. Intensive Nutzer wissen ohnedies, wie sie auch auf anderem Weg an die gewünschten Daten herankommen.

Erst Anfang Juni wurde mit The Pirate Bay eine der meistgenutzten Dateitausch-Websites für BitTorrent-Nutzer von der schwedischen Polizei vom Netz genommen. Als Antwort soll die Website der schwedischen Regierung unter Beschuss genommen worden sein.

EX-RIAA-Chefin gegen Klagen

Die Klagewelle begann einst unter der ehemaligen Chefin der Recording Association of America [RIAA], Hilary Rosen. In einem Blog-Eintrag bei Huffington Post gibt sie nun zu, dass sich die Klagen mittlerweile überlebt haben.

Stattdessen sollten die Plattenfirmen ihrer Meinung nach härter daran arbeiten, mehr Tauschbörsen zu legitimieren, also mit legalen Angeboten zu versorgen, anstatt sie von Grund auf zu verdammen und zu klagen.

Neue Strategie statt Kopierschutz

Zudem sollten die Labels daran arbeiten, dass mehr Services und Geräte miteinander kompatibel sind - damit könnte das Geschäft am besten wachsen, so Rosen.

Auch in Sachen Kopierschutz [Digital Rights Management, DRM] scheint Rosen ihre Einstellung von Grund auf geändert zu haben. Auch diese Strategie sei zu überdenken, so Rosen.

Mobilmachung gegen Apples DRM

An Apples iPod etwa stört sie dessen proprietäres DRM, das der Hersteller nicht an andere Firmen zur eigenen Nutzung lizenziert. Und nicht nur sie - immer mehr Verbraucherschützer machen gegen Apples DRM bei iPod und iTunes mobil. Ein erster "gesetzlicher" Ansatz schlug in Frankreich allerdings jüngst fehl.

Tauschbörsen als Kaufanreiz

Eine aktuelle Studie im Auftrag der kanadischen Musikindustrie zeigte jüngst, dass Tauschbörsen den Kauf von Musik fördern können. Abschreckend sind hingegen Preis und uninteressante Angebote.

So gaben drei Viertel aller Tauschbörsennutzer an, mindestens ein Mal eine Musik-CD gekauft zu haben, nachdem sie einen Song aus einer Tauschbörse angehört hatten. 27 Prozent machten das zwei bis zehn Mal, 21 Prozent noch öfter.

Gratis-Songs gegen Werbung

Die Tauschbörse Qtrax will diesen Effekt nutzen und will legal lizenzierte Songs gratis zum Anhören anbieten - gegen eine Werbeeinschaltung bis zu fünf Mal.

Wer Songs für immer auf seiner Festplatte speichern möchte, muss dafür wie auch bei anderen Angeboten allerdings zahlen. Deutlich kostengünstiger, dafür in einer laut Industrie rechtlichen Grauzone gibt es Songs bei AllofMP3.com.