Kein Ende der Roaming-Debatte in Sicht
Zwar hat die EU-Kommission in einem ersten Regulierungsentwurf für Handy-Roaming-Tarife einige Forderungen abgeschwächt. Die Regelung stößt in der Mobilfunkbranche jedoch weiter auf wenig Gegenliebe und wird mit "sowjetischer Planwirtschaft" verglichen.
Die EU-Kommission hat im Kampf gegen hohe Roaming-Gebühren, also für Handytelefonate im und aus dem Ausland, bisher einen radikalen Kurs eingeschlagen: Verlangt wurde eine komplette Angleichung der Mobilfunktarife für das Inland und das EU-Ausland.
Bis zum 19. Juli soll nun ein entsprechender Gesetzesvorschlag eingebracht werden, in diesem wurden die ursprünglichen Forderungen aber nun entschärft. Die Mobilfunker sind jedoch weiter auf Protestkurs.
Doch keine komplette Angleichung
Ein erster interner Regulierungsentwurf sieht vor, dass Lokalgespräche mit dem Handy im Ausland um 50 bis 70 Prozent billiger werden. Sie dürften vorerst aber noch etwas teurer bleiben als Inlandsgespräche in der Heimat.
Ferngespräche aus dem Ausland könnten dagegen sogar billiger werden. Passivgebühren für empfangene Anrufe im EU-Ausland sollen wie geplant komplett fallen, hieß es am Mittwoch aus Kommissionskreisen.
Einige heimische Mobilfunker bieten für die Sommerferien Roaming-Pakete an.
Grenze für Terminierungsentgelte
Bei der Tarifsenkung setzt die EU-Kommission voll auf die Regulierung jener Betreibergebühren, die die Mobilfunker untereinander verrechnen.
Nach dem Entwurf will die EU-Behörde nun vorschlagen, dass die internen Betreibergebühren für Roaming in Zukunft bei einem Lokalgespräch im Ausland maximal doppelt so hoch sein dürfen wie das durchschnittliche EU-Inlands-Terminierungsentgelt und maximal drei Mal so hoch, wenn es sich um ein Roaming-Ferngespräch aus dem EU-Ausland in die Heimat handelt.
Endkunden-Entgelte fixieren
Gemessen am derzeitigen Niveau der Inlandsterminierung würde das Limit für betreiberinterne Roaming-Gebühren damit bei 24 bzw. 36 Cent pro Minute liegen.
Die Kundenpreise, so der jetzige Kommissionsvorschlag, sollen künftig maximal 30 Prozent über den betreiberinternen Kosten liegen. Die Gewinnmargen im Roaming würden damit an jene im nationalen Handygeschäft angeglichen.
Wenn man - theoretisch - für ein Inlandsgespräch um die 40 Cent gezahlt hat, soll man für ein Gespräch im Ausland in Zukunft 50 Cent zahlen, aber nicht mehr 1,50 Euro.
Mobilfunker auf Konfrontation
Trotz leichter Entschärfung stoßen die Pläne der EU-Kommission weiterhin auf heftige Proteste in der Mobilfunkbranche.
Ein nicht genannter Branchenvertreter zog in der "Financial Times" den Vergleich mit der Sowjetunion. "Jemand entscheidet, dass eine Flasche Vodka c kostet und es wird für x in jedem Geschäft der UdSSR verkauft. Die Kommission will einen Preis für ganz Europa festsetzen. Das ist Planwirtschaft", zitierte die Zeitung am Mittwoch eine nicht näher präzisierte Quelle.
Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung ==
"Die EU-weite Angleichung der Roaming-Tarife verzerrt den wettbewerbsintensiven Mobilfunkmarkt", glaubt auch die internationale Vereinigung der Handynetzbetreiber [GSMA]. Der letzte Kommissionsvorschlag sei Zeichen einer fehlerhaften politischen Ideologie, "die der Wirtschaft diktiert, was eine akzeptable Gewinnmarge ist", meinte GSMA-Chef Rob Conway in einer Aussendung. Eine Industrie, die jährlich mehr als 15 Mrd. Euro in neue Netze, Produkte und Services investiert, werde dadurch gefährdet.
"Freiwillige" Initiative
Sechs der größten Mobilfunkbetreiber Europas - darunter die Deutsche-Telekom-Tochter T-Mobile und die France-Telekom-Tochter Orange - hatten Ende des Vormonats freiwillig angeboten, die betreiberinternen Roaming-Gebühren bis Herbst 2007 schrittweise zu senken.
Die EU-Kommission hält dennoch an ihren Vorhaben fest und wies die Vorwürfe am Mittwoch zurück.
Fakt sei, dass durch den Vorschlag der EU-Kommission der Wettbewerb nicht gehemmt, sondern verstärkt werde, so ein Sprecher.
(APA)