Rücktrittsrecht bei eBay bleibt umstritten
Eine Entscheidung des Bezirksgerichts Wiener Neustadt hat neuen Schwung in die Diskussion um ein Rücktrittsrecht bei Online-Auktionen gebracht. Demnach haben Privatbieter beim Kauf von Unternehmern ein Rücktrittsrecht. Doch die Rechtsmeinung bleibt weiterhin gespalten, das Urteil ist nicht bindend.
Laut dem aktuellen Urteil gilt: Verkauft ein Unternehmer seine Waren über eine Online-Auktionsplattform wie eBay oder OneTwoSold, haben private Käufer ein Rücktrittsrecht.
Binnen sieben Werktagen ab Lieferung kann der Konsument von diesem Gebrauch machen, Begründung ist keine nötig.
Erst OGH-Entscheid bringt Klarheit
Das jetzige erstinstanzliche Urteil gibt zwar eine Richtung vor, lässt aber gleichzeitig viele Fragen offen, so Axel Anderl, IT-Rechtsexperte von Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte.
Es sei wohl rechtskräftig, aber nicht für andere Fälle bindend. Rechtssicherheit bringe daher erst eine höchstgerichtliche Entscheidung.
Bei herkömmlichen Offline-Versteigerungen gibt es kein Rücktrittsrecht, sie sind von der Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie im Konsumentenschutzgesetz ausgenommen.
Kein Rücktritt bei Privatauktionen
Bei Online-Versteigerungsverkäufen von privat an privat oder Unternehmer an Unternehmer gibt es ebenfalls weiterhin kein Rücktrittsrecht.
Grauzone: Privat oder Unternehmer?
Doch ab wann gilt man als Unternehmer? Eine genaue Definition dafür gibt es noch nicht, das Gericht muss das im Einzelfall beurteilen.
Grundsätzlich hängt es aber davon ab, wie viele [gleichartige] Verkäufe in einem kurzen Zeitraum erfolgt sind. Der Powerseller-Status bei eBay kann etwa als Indiz dafür, dass die Unternehmereigenschaft vorliegt, gesehen werden.
Frage der Beweislast
Auch kommt es darauf an, welche Waren verkauft werden bzw. ob diese neu oder gebraucht ist.
Nur weil man etwa sieben aus dem eigenen Kasten ausgemottete Designerjeans binnen kurzer Zeit verkauft, ist man noch lange kein Unternehmer. Kauft man aber Designer-Jeans an, um diese weiterzuverkaufen, dagegen schon.
Im konkreten Fall sah das Wiener Neustädter Gericht die Grenze zur Unternehmerschaft überschritten, da der Verkäufer innerhalb von zwei Monaten sieben Motorräder und zwölf Mal Motorradzubehör online verkauft hat.
In Anlehnung an deutsches BGH-Urteil
Das Wiener Neustädter Gericht folgt damit inhaltlich einem Urteil des deutschen Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2004, laut dem Online-Versteigerungen nicht als Auktionen im herkömmlichen Sinn [bei normalen Offline-Versteigerungen gibt es kein Rücktrittsrecht] anzusehen sind.
Zwischen Versteigerer und Ersteigerer kommt demnach ein ganz normaler Kaufvertrag zu Stande.
Fehlende Info - Verlängerung auf drei Monate
Den Unternehmer treffen dann auch die Informationspflichten [Angabe von Name, Adresse, Firmenbuchnummer, Infos zur Gewährleistung etc], werden diese nicht eingehalten, verlängert sich die Rücktrittsfrist auf insgesamt drei Monate.
Unterschiede Österreich - Deutschland
Doch die Rechtslage in Österreich unterscheidet sich grundsätzlich von der deutschen, da dort zusätzliche Bestimmungen für Offline-Auktionshäuser gelten, die es hier zu Lande nicht gibt, erklärt Anderl.
Auch der Begriff der Versteigerung ist in Österreich - anders als in Deutschland - nicht gesetzlich definiert.
Ausführliche Analyse der deutschen und österreichischen Rechtslage betreff Online-Auktionen von Axel Anderl von Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte.
Erhöhte Missbrauchsgefahr
Die Rechtsmeinung bezüglich des Rücktrittrechts bei Online-Auktionen bleibt daher vorerst gespalten.
Einer der Einwände ist, dass das Rücktrittsrecht zu einer erhöhten Missbrauchsgefahr führen kann: Will der Käufer etwa eine bestimmte Sache ersteigern, könnte er einfach "auf gut Glück" bei mehreren Anbietern mitbieten und nach dem Zuschlag bei allen, außer der Auktion mit dem günstigsten Zuschlag, zurücktreten.
Folgen für Verkäufer
Dies brächte Nachteile für den Verkäufer. Erfährt er vom Rücktritt, kann er seine Waren zwar dem Zweit-, Dritt- etc. Bieter anbieten [die Höhe des abgegebenen Gebots ist dabei nicht bindend, der Preis wird neu vereinbart].
Doch möchte dieser den Zuschlag nicht mehr - etwa weil er das Produkt inzwischen woanders erworben hat - bleibt dem Verkäufer nur der Neustart der Auktion, der beste Zeitpunkt für den Verkauf kann dann allerdings längst vorbei sein.
Ungültige Haftungsausschlüsse
Diverse Haftungsausschlüsse a la "Hinweis: Sie kaufen von privat, jede Gewährleistung und Rücktrittsrecht ist ausgeschlossen", wie sie bei Online-Auktionen immer wieder zu lesen sind, sind juristisch als null und nichtig einzuordnen, warnt der IT-Rechtsexperte.
Denn nur weil es dort steht, heißt es noch lange nicht, dass es wirklich von privat ist. Schließlich kommt es auf die Fakten und nicht auf die Selbstbezeichnung an. Solche Dreizeiler beeinflussen die gültige Rechtslage keineswegs, der Unternehmer kann sie sich daher getrost sparen, so Anderl.
Gewährleistungsausschluss für Private
Die Gewährleistung kann bis zu einem gewissen Maße bei einem tatsächlichen Privatverkauf sehr wohl mit Hilfe eines solchen Satzes ausgeschlossen werden. Wird dies nicht getan, gilt die gesetzliche Gewährleistung.
Einschränkung: Der Komplettausschluss für Neuware bzw. der Auschluss für zugesicherte Eigenschaften oder arglistig verschwiegene Mangel ist jedoch nicht möglich.
(Beate Zaussinger)