Labels gehen gegen Webcam-Karaoke vor

22.06.2006

Mit einer Abmahnwelle gegen Online-Karaokesänger zeigt die Musikindustrie wieder einmal ihr fehlendes Verständis der Web-Kultur. Denn die Plattenlabels wollen nun an den jugendlichen Selbstdarstellern auf Video-Plattformen wie YouTube mitverdienen.

Nach dem Kampf gegen Tauschbörsen und Songtext-Websites will die Musikbranche nun offenbar auch dem Webcam-Karaoke-Trend ein Ende bereiten.

Auf verschiedenen US-Websites wird von Fällen berichtet, bei denen YouTube-Nutzer aufgefordert wurden, ihre Videos von der Website zu entfernen.

Imageschaden riskiert

Doch abermals laufen die Plattenlabels vor allem Gefahr, durch überzogene Forderungen vor allem dem eigenen Image nachhaltig zu schaden.

Denn der Öffentlichkeit fehlt jedes Veständnis für die Geldforderungen einer milliardenschweren Industrie an die meist minderjährigen Hobby-Sänger.

YouTube ist einer der beliebtesten Treffpunkte für Videos im Netz. Über sechs Millionen Nutzer sehen täglich 40 Millionen Videos über das Portal und laden weitere 50.000 Clips hoch.

Je schräger, desto berühmter

Vor allem Jugendliche laden auf YouTube selbst gedrehte Webcam-Clips hoch und schaffen es durch schräge Playback-Interpretationen von Chart-Hits älteren und jüngeren Datums zu kurzfristiger Web-Berühmtheit.

Die US-Musikindustrie forderte nun offenbar einige der User mit der Begründung, die Bebilderung von urheberrechtlich geschützter Musik stehe allein dem Rechtsinhaber zu, unter Klagsdrohung auf, die Videos von der Website zu entfernen.

YouTube-Clips als Promotion-Tool

Denn spät, aber doch hat die Branche den Wert von Musikvideos erkannt. Mittlerweile werden diese ursprünglich nur zur Vermarktung gedrehten Clips über Online-Shops an den zahlenden Kunden gebracht.

Gleichzeitig scheint der jetzige Schritt wenig sinnvoll, da gerade die ausgefallenen Interpretationen der jungen YouTube-Nutzer auch angestaubten Hits wieder zu neuem Ruhm innerhalb der regen Web-Community verhelfen können.

Um zu verhindern, dass Original-Videos über YouTube kostenlos verbreitet werden können, arbeitet die Musikindustrie des Weiteren an einer technischen Möglichkeit, das Hochladen geschützter Videos zu unterbinden.

Die Musikindustrie beweist Kritikern zufolge damit das fehlende Verständnis für eine lebendige Jugendkulturszene im Internet, die ohne kommerzielle Hintergedanken einfach nur Spaß am öffentlichen "Abshaken" vor der Webcam hat.

Statt den kostenlosen Werbeeffekt für sich zu nutzen, werden junge Fans aus kommerziellen Interessen mit Klagsdrohungen vergrault und damit wertvolle Sympathien bei einer potenziellen Käufergeneration verspielt.

(Beate Zaussinger)