EU-Bibliothek digital konservieren
Mit der geplanten Einrichtung einer digitalen europäischen Bibliothek stehen die EU-Mitgliedsstaaten vor großen Herausforderungen. Denn sowohl die Haltbarkeit als auch die Auslesbarkeit der digitalen Daten muss garantiert werden.
Bücher, Handschriften, Filme, Fotos und Objekte aus Museen über Internet weltweit zugänglich zu machen und dauerhaft zu erhalten: Das ist das Ziel einer digitalen europäischen Bibliothek.
Wie diese Vision eines allgemein zugänglichen europäischen Kulturerbes von der Theorie in die Praxis umgesetzt werden kann, besprechen Experten derzeit bei einer zweitägigen Konferenz im Rahmen des österreichischen EU-Ratsvorsitzes in der Salzburger Residenz.
Die EU-Tagung in Salzburg endet am Donnerstag.
~ Link: Chancen und Risiken der Digitalisierung (../http://www.fuzo-archiv.at/?id=116365v2) ~
Pergament beständigstes Trägermedium
Eine große Herausforderung an die Bibliotheken, Archive und Museen sind dabei nicht nur die enormen Kosten für so ein Projekt.
Auch die Haltbarkeit der Trägermedien, Technologie- und Softwar-Entwicklungen sowie Fragen des Urheberrechts müssten gelöst werden, betonte Hans Petschar, der in der Österreichischen Nationalbibliothek für das inhaltliche Konzept der europäischen digitalen Bibliothek verantwortlich ist.
"Das beständigste Erhaltungsmedium ist immer noch Pergament, gefolgt von gutem Papier", sagte Petschar: "Kein einziges digitales Medium kann diesen Vorteil der Langlebigkeit für sich verbuchen."
Die Österreichische Nationalbibliothek gibt nur für die Digitalisierung rund 120.000 Euro pro Jahr aus. Dazu kommen jährliche Infrastrukturkosten von fünf Millionen Euro aufwärts.
Auslesbarkeit garantieren
Auch Unterschiede bei der Soft- und Hardware machen die Sache kompliziert.
So müssten die digitalen Inhalte entweder auf ein neutrales Format gespeichert werden, um sie zugänglich zu erhalten, oder die dazugehörige Soft- und Hardware aufgehoben werden.
Hohe Kosten
Die Folge: "Eine digitale Bibliothek hat einen Kostenfaktor hoch zehn gegenüber konventionellen Bibliotheken des 19. Jahrhunderts", erläuterte Petschar.
Das Programm zum Aufbau der Bibliothek ist festgelegt: Noch in diesem Jahr werde die Zusammenarbeit der Nationalbibliotheken auf alle 25 Mitgliedsstaaten ausgedehnt.
Bis 2008 sollen zwei Millionen Objekte über die digitale Bibliothek verfügbar sein, bis 2010 der Bestand sechs Millionen Objekte aus Bibliotheken, Museen und Archiven umfassen.
Urheberrechtsschutz neuerer Werke
Ein Problem dabei: Durch das Urheberrecht sind Werke des 20. Jahrhunderts geschützt und können nicht so einfach im Volltext angeboten werden.
Es könne aber nicht sein, dass bei so einem wichtigen Projekt "ein großes Loch" klaffe, so Horst Forster von der Europäischen Kommission. Deshalb suche eine Expertengruppe nach Lösungen für diese Frage.
Kostenloser Zugang für alle?
Ob die Inhalte der Digitalen Europäischen Bibliothek den Bürgern kostenlos oder gegen Gebühr zur Verfügung gestellt werden, liege im Ermessen der einzelnen Staaten und Archive, meinte Forster.
Google als Ansporn
Das Bibliotheksprojekt von Google sehen die Experten übrigens nicht als gefährliche Konkurrenz: Die Initiative von Google habe dem Thema insgesamt Auftrieb gegeben und habe gezeigt, dass für die Digitalisierung historischer Inhalte auch ein wirtschaftliches Interesse bestehe, erklärte Forster.
Während Google als "MTV für Bücher" mit der "Book Search" die Vision des allumfassenden Bücherkatalogs digital umsetzen will, sehen Kritiker eine Info-Allmachtsfantasie eines US-Konzerns und warnen vor der Gefahr der Abhängigkeit.
(APA)