03.04.2002

EVERCRACK

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Die Sucht nach Online-Games

Shawn Woolley liebte ein Online-Game so sehr, dass er es sogar in den Minuten vor seinem Selbstmord gespielt hat.

Der 21 Jahre alte Shawn war süchtig nach "EverQuest", sagt seine Mutter Elizabeth Woolley. Er opferte alles, nur um stundenlang zu spielen, er vernachlässigte seine Familie, gab seinen Job auf und verlor sich in einer virtuellen 3-D-Fantasiewelt, in der über 400.000 Leute weltweit das Online-Abenteuer suchen.

Im November letzten Jahres erschoss sich Shawn Woolley in seinem Apartment.

Süchtig nach "Evercrack"

Seine Mutter gibt nun dem Spiel die Schuld an dem Selbstmord ihres Sohnes.

Sie geht nun gerichtlich gegen Sony Computer Entertainment, den Betreiber von "EverQuest", vor und verlangt einen Warnhinweis [ähnlich den Hinweisen auf Zigarettenschachteln] auf dem Spiel, der darauf hinweist, dass man "durch übermäßiges Spielen seine Gesundheit gefährden kann".

"Es ist wie jede andere Sucht, entweder du stirbst irgendwann, wirst verrückt oder schaffst es, damit aufzuhören", erklärt Elizabeth Woolley. "Mein Sohn starb."

Viele Spieler sprechen von "EverQuest" scherzhaft auch als "Evercrack".

Bis zu zwölf Stunden täglich

Woolley hat versucht, die Welt ihres Sohnes in "EverQuest" kennen zu lernen und so herauszufinden was ihn zu seiner Tat gebracht haben könnte, doch Sony Online beruft sich auf den Datenschutz und verweigert ihr den Zugriff auf den Account ihres Sohnes.

Shawn war ein übergewichtiger Einzelgänger mit Depressionen und einer schizoiden Persönlichkeitsstörung, für ihn war die virtuelle Welt von "EverQuest" eine Fluchtmöglichkeit vor dem echten Leben.

Obwohl er immer wieder an epileptischen Anfällen litt, spielte der 21-Jährige bis zu zwölf Stunden täglich.

Zusammenbruch nach 36 Stunden

Parker meint, dass Shawn durch seine psychischen Probleme typischerweise zu einer höchst gefährdeten Risikogruppe der Online-Spielsüchtigen gehörte.

Er erzählt von einem anderen Fall eines 21-jährigen "EverQuest"-Süchtigen: Der College-Student hörte schon in den ersten acht Wochen, nachdem er mit dem Spielen begonnen hatte, auf, seine Vorlesungen des letzten Studienjahrs zu besuchen.

Nach 36 Stunden durchgehenden Spielens erlitt er einen ernsten psychotischen Zusammenbruch wegen zu langen Schlafentzugs.

"Er glaubte, die Charaktere aus dem Spiel würden ihn verfolgen", erzählt Parker."Er lief stundenlang halluzinierend durch die Nachbarschaft."

Missbrauch ist gefährlich

Experten schätzen, dass die mentalen Probleme im Zusammenhang mit Online-Spielen weiter zunehmen werden.

"Ein völlig gesunder Spieler würde sich niemals das Leben wegen eines Computerspiels nehmen, aber wenn viele Umstände zusammenkommen und ein Gamer mit ernsten psychischen Problemen weder einen Ausweg in der realen Welt noch in seiner Ausweich-Welt, der virtuellen, sieht, dann kann es zu solchen Zwischenfällen kommen", sagt Medienexperte David Walsh.

Walsh und Parker sind sich absolut einig, dass Online-Spiele keinerlei schlechten Einfluss auf die Spieler haben, wie bei vielen Angewohnheiten kann ein Missbrauch jedoch sehr gefährlich sein.