EU-Wuchteln gegen die Telekoms
EU-Kommissarin Viviane Reding plant die Zweiteilung der Ex-Monopole in Infrastruktur- und Servicebereiche zur Öffnung aller Netze und die Schaffung einer EU-Regulationsbehörde.
Die Vorab-Brocken
Man darf gespannt sein, was die für Informationsgesellschaft und Medien zuständige Reding heute in Brüssel vorlegen wird.
Ein paar Brocken aus ihrem Reformprogramm hat Reding deutschen Medien am Dienstagabend zugeworfen, der voraussichtlich fetteste davon sind Pläne zur Schaffung einer unabhängigen Telekom-Regulierungsbehörde auf EU-Ebene.
Mehr "Konsistenz"
Wichtigste Aufgabe dieser neuen EU-Institution würde es sein, für "Konsistenz" in der EU-weiten Durchsetzung von wettberbsverbessernden Maßnahmen zu sorgen.
Das gelte besonders für Märkte, die mehr Wettbewerb nötig hätten, so Reding. Als europäisches Musterbeispiel für schleppende bis unzureichende Umsetzung von wettbewerbsfördernden EU-Regeln im Telekom-Sektor griff die Kommissarin Deutschland heraus.
"Ernste Bedenken" = "Nein"
Der Forderung der Deutschen Telekom [DT], deren neues Glasfasernetz von jeder EU-Regulierung auszunehmen, ward schon vorab eine deutliche Absage zuteil. Reding äußerte "ernste Bedenken" gegenüber der deutschen Position - aus dem Diplomatischen übersetzt heißt "ernste Bedenken" schlicht Nein.
Das Label "Triple Play" zusammen mit einem schnelleren Netz genüge nicht, um von einem neuen Markt sprechen zu können, sagte Reding.
Deutsche Telekom
Mit dieser Argumentation versucht die Deutsche Telekom, die bestehende EU-Regulation des ADSL-Bereichs zu umgehen. "Regulation" bedeutet nämlich, dass die DT ihre Infrastruktur für Mitwerber öffnen muss, auf dass sich Wettbewerb ergebe.
In Deutschland durften alternative Call-by-Call-Anbieter zum Beispiel erst sechs Jahre nach Österreich selbst Ortsgespräche vermitteln. Die Position der Deutschen Telekom wird von der deutschen Bundesregierung über die eigene Regulierungsbehörde tatkräftig unterstützt.
Zweiteilung der Telekoms
Die großen Telekoms Europas sollten überhaupt in je zwei Einheiten getrennt werden, das könnte viele Wettbewerbsprobleme auf europäischen Telekom-Märkten lösen. Ein Infrastrukturanbieter, der seine Netze allen - also auch der eigenen, abgespalteten Servicefirma - zu gleichen Bedingungen anbietet, ist damit gemeint.
In Großbritannien wurde bereits der erste Schritt in diese Richtung gesetzt. Die British Telecom wurde im Februar in einen Provider für Großkunden und einen für Endkunden aufgespaltet.
Serentschy kommentiert
Der Chef der österreichischen Regulationsbehörde, Georg Serentschy, hatte am Mittwoch die Roaming-Pläne Redings kritisiert.
Eine massive Senkung der Roaming-Tarife [Auslandstelefonate] und ein Entfall der Passivkosten [= im Ausland angerufen werden] würden im Tourismusland Österreich, wo 15 bis 20 Prozent aller Umsätze durch Roaming von Auslandskosten erzielt werden, höhere Inlandstarife bedeuten.
Strafen für Kartellabsprachen
Passend zum Thema Märkte und Monopole hat die EU-Kommission gestern die Anhebung der Strafen für Kartellabsprachen und Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung beschlossen. Die "abschreckende Wirkung" der Strafe solle damit erhöht werden.
Waren es bisher maximal zehn Prozent des Jahresumsatzes, so sollen es nun bis zu 30 Prozent sein, multipliziert mit der Zahl der Jahre, in denen Wettbewerbsregeln verletzt wurden.
(futurezone | euobserver.com | telecoms.com | APA | dpa)