Gates droht mit Windows-Einstellung
Konzerngründer Bill Gates hat am Montag erstmals im Kartellverfahren gegen Microsoft ausgesagt und sich entschieden gegen weitere Strafen ausgesprochen.
Die von neun US-Bundesstaaten geforderten Strafen würden die Entwicklung des Betriebssystems Windows um Jahre zurückwerfen, sagte Gates. Die Forderungen der Staaten gingen damit auch zu Lasten der Verbraucher und der gesamten Computerindustrie.
Er warnte die Richterin Colleen Kollar-Kotelly vor den Konsequenzen, sollte das Gericht auf die Forderungen der Staaten eingehen.
Außerdem werde Microsoft dadurch gegenüber seinen Konkurrenten unfair benachteiligt.
In der vermutlich entscheidenden Runde des Kartellprozesses gegen Microsoft verlangen neun noch klagende US-Bundesstaaten seit rund vier Wochen schärfere Strafen gegen den Softwareriesen. Vor einem Distriktgericht in Washington schilderten die Anwälte Microsoft als einen "reuelosen Monopolisten", der seine Konkurrenten weiter bitter bekämpfe.
Microsofts Anwälte in voller FahrtMonopol hat "allen genützt"
Gates vertritt die Auffassung, dass das Microsoft-Monopol dazu beigetragen habe, eine zerstückelte PC-Industrie zu vereinen.
"Wenn Windows reduziert wird auf ein undefiniertes 'Kernbetriebssystem', würden die Staaten die Uhren für die Windows-Entwicklung um etwa zehn Jahre zurückdrehen und sie gewissermaßen dort einfrieren", teilte Gates in einer 155-seitigen schriftlichen Vorlage mit.
Nach Ansicht von Gates werde die Existenz von Windows als stabile Plattform durch die Klage der Staaten bedroht: "Die [Vorschläge der Staaten] würden alle drei Elemente des Microsoft-Erfolges untergraben und dem Software-Konzern, aber auch anderen Firmen, die auf Microsoft-Produkten aufbauen, sowie Verbrauchern und Unternehmen, die PC-Software nutzen, schweren Schaden zufügen", hieß es in dem Papier.
Auch technisch sei die Umsetzung der Forderung der Kritiker unmöglich, Windows auf ein "Kernbetriebssystem" abzuspecken, das nach Belieben um Zusatzfunktionen erweitert werden könnte.
Sollten sich die Bundesstaaten in dem Verfahren durchsetzen, müsste der Konzern das Betriebssystem ganz vom Markt nehmen. Der Wert seines Unternehmens würde damit "stark sinken".
Microsoft hatte im Kartellprozess schon immer argumentiert, ein abgespecktes Windows XP ohne Software wie den Internet Explorer [IE] oder den Media Player sei technisch nicht machbar.
MS droht mit Einstellung von WinXPDer von den neun klagenden Bundesstaaten bestellte Sachverständige Andrew Appel sieht das in einem Gutachten zu einer der zentralen Fragen des Prozesses jedoch ganz anders.
"Windows light" ist technisch möglichVerbraucher wären "enttäuscht"
"Stellen Sie sich die Enttäuschung des Verbrauchers vor, wenn er einen Computer mit dem Windows-Betriebssystem kauft und feststellen muss, dass entscheidende neue Attraktionen fehlen ...", erklärte Gates vor Richterin Kollar-Kotelly.
Auch die Forderung der neun Bundesstaaten, dass Microsoft Teile des Quellcodes für Windows offen legt, wies er entschieden zurück.
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Er warf den neun Bundesstaaten vor, sie wollten das Unternehmen als Technologiekonzern lähmen. Die Forderungen seien auf der einen Seite hart und auf der anderen Seite vage und¿widersprüchlich, sagte Gates nach Informationen der "Washington Post".
Microsoft könnte die Bedingungen nur erfüllen, indem es sein Betriebssystem vom Markt nähme.
Videoauftritt wurde nicht goutiert
Von dem Eindruck, den Gates bei seinem persönlichen Auftritt beim
Gericht hinterlässt, hängt nach Ansicht von Beobachtern maßgeblich
der Ausgang des laufenden Kartellverfahrens ab. In der ersten
Prozessrunde hatte sich Gates geweigert, persönlich im Gerichtssaal
aufzutreten. Die auf Video aufgezeichnete Befragung von Gates erwies
sich nach Ansicht von Experten als PR-Desaster für Microsoft. Kurz
vor seinem Gerichtsauftritt hat Gates in einem vertraulichen Treffen
von Spitzenmanagern die Strategie seines Unternehmens gegen Vorwürfe
aus den eigenen Reihen verteidigt.