Das Match gegen die Deutsche Telekom

30.06.2006

Harsche Worte für den protektionistischen Kurs der deutschen Bundesregierung im Telekom-Sektor hat EU-Kommissarin Viviane Reding am Donnerstag in Brüssel gefunden. Für mehr Kostenwahrheit sollen die großen Telekoms den reinen Netzbetrieb in Zukunft geschäftlich klar von den Services trennen müssen.

"Werden ungeduldig"

Mit den erwartet starken Worten wartete Telekom- und Medienkommissarin Reding am Donnerstag in Brüssel auf.

Hatte es am Dienstag noch geheißen, die deutsche Regierung müsse mehr "Konsistenz" in der Umsetzung der EU-Richtlinien zur Öffnung der Telekom-Netze zeigen, so erklärte Reding nun: "Wir werden ungeduldig bei Nichtbeachtung der EU-Regeln."

Und: "Deutschland ist auf einem schlechten Weg und stellt sich selbst ein Bein."

Auf Kollisionskurs

Die deutsche Bundesregierung fährt mit der Neufassung des Telekom-Gesetzes auf direktem Kollisionskurs mit den EU-Regeln.

Das VDSL-Hochgeschwindigkeitsnetz der Deutschen Telekom soll nach Willen der deutschen Bundesregierung für eine bestimmte Zeit von der Regulierung durch die Bundesnetzagentur ausgenommen werden.

"Triple Play"

Das heißt, die Deutsche Telekom braucht jahrelang keinen Mitbewerb zu fürchten, weil das Netz für andere Serviceanbieter [Breitband, Video on Demand, Telefonie = "Triple Play"] nicht geöffnet werden muss.

Das Argument: Da es sich bei "Triple Play" um einen grundsätzlich neuen Dienst mit neuer Technologie handle, falle das neue VDSL-Netz nicht unter die bestehende Regulation von Breitbandzugängen.

Höchststrafen erhöht

Die Luxemburgerin hatte Berlin bereits mit rechtlichen Schritten gedroht, falls das Gesetz nicht geändert wird. Erst am Dienstag wurden die Höchststrafen für Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und Kartellabsprachen von der EU-Kommission drastisch, nämlich um 200 Prozent, erhöht.

Beispiel British Telecom

Was sie am Dienstag schon angedeutet hatte, erläuterte Reding am Donnerstag genauer, vor allem was die geplante Zweiteilung der "Incumbents" [Noch-immer-de-facto-Monopole] auf dem Telekom-Markt betrifft.

"Es geht ausdrücklich nicht um die Zerschlagung von Konzernen", sagte Reding. "Wir sind nicht in den USA."

Dort war der frühere Monopolist AT&T in separate Unternehmen aufgespalten worden. Vorbild ist für Reding Großbritannien, wo British Telecom seinen Endkundenzugang, die "letzte Meile", in eine eigene Sparte überführte.

Die "letzte Meile"

Das zielt in eben dieselbe Richtung. Sobald der Bereich Netzinfrastruktur geschäftsmäßig klar vom Servicebereich getrennt ist, muss auch ein Quasi-Monopolist wie z. B. die Deutsche Telekom anderen Anbietern dieselben Infrastrukturkosten für die "letzte Meile" verrechen wie der Serviceabteilung des eigenen Unternehmens.

Dass das gerade der Deutschen Telekom, die soeben ihre einst abgespaltete Breitbandservice-Tochter T-Online wieder in den Konzern integriert hat, ganz schlecht ins Konzept passt, liegt auf der Hand.

EU-Regulationsbehörden

Zudem schlug Reding je eine europäische Aufsichtsbehörden für Funkfrequenzen und für den Telekom-Markt vor.

Europaweit wird die Zahl der regulierten Telekom-Märkte von derzeit 18 auf voraussichtlich zwölf gesenkt. "Reguliert werden muss da, wo der Wettbewerb nicht läuft und die Märkte nicht geöffnet sind."

Reding will Ende des Jahres nach einer Debatte mit Branchenbeteiligten einen Gesetzesvorschlag machen. Der muss dann von den EU-Staaten und dem EU-Parlament gebilligt werden.

(futurezone | DPA | Reuters)