Tauziehen um neues Telekom-Gesetz
Bis spätestens Sommer 2003 muss in Österreich ein neues Telekom-Gesetz in Kraft sein, über das laut dem obersten Telekom-Regulator Heinrich Otruba inzwischen ein "extensiv geführter Lobbying-Krieg" geführt wird.
Am Montag haben der Vorstand der Telekom Austria [TA] und die alternativen Netzbetreiber in zwei getrennten Veranstaltungen den Kampf um die Meinung von Entscheidungsträgern und Öffentlichkeit begonnen.
Während die TA einen Rückbau der speziellen Regulierung fordert, verlangte der Verband Alternativer Telekom-Netzbetreiber [VAT] die bestehenden Vorschriften "mit Zähnen zu versehen", und überreichte "Branchenschiedsrichter" Otruba symbolträchtige gelbe und rote Karten.
Telekom-RegulatorTelekom will in fünf Jahren Abschaffung der Regulierung
Der Telekom-Vorstand, welcher der heimischen Regulierungsbehörde eine "Musterschülermentaliät" im europäischen Vegleich bescheinigte, forderte, dass die Telekom-Regulierung zunächst abgeschwächt und in fünf Jahren als branchenspezifische Lösung überhaupt abgeschafft und durch die allgemeine Wettbewerbsaufsicht ersetzt werde.
So solle die derzeitige Regulierung der Preise "im Vorhinein" durch eine solche im Nachhinein ersetzt werden. "Wir wollen, dass die Investition in innovative Telekom-Strukturen durch Anreize gewährleistet wird", sagte TA-Generaldirektor Heinz Sundt.
Das Breitbandnetz soll aus der Regulierung ausgenommen bleiben, das Telekom-Gesetz wegen des raschen technischen Fortschritts alle zwei Jahre überprüft werden, fordert die TA.
Zu niedrige Interconnection-Gebühren
Grund für die nur bescheidenen Investitionen alternativer
Anbieter in das Netz sei die geringe "interconnection fee", welche
die Alternativen für die Benützung der TA-Infrastruktur zahlen
müssten, wurde argumentiert. Die Abschläge von den Vollkosten der TA
seien angesichts der TA-Effizienzgewinne mittlerweile zu hoch, die
Regulierungsbehörde unterliege hier "einer großen Fehleinschätzung",
sagte TA-Vorstand Rudolf Fischer. Die TA will diesen
"Effizienzabschlag" auf die Gebühr abgeschafft sehen und einen
Risikoaufschlag auf Investitionen einheben dürfen.
VAT und ISPA fordern Beibehaltung der Regulierung
Naturgemäß ganz andere Vorstellungen haben die alternativen Telekom-Betreiber.
VAT-Vizepräsident Romed Karre beklagte bei der VAT-Enquete "bestehende Defizite in der Regulierung": So gebe es etwa keine funktionierende Missbrauchsaufsicht der marktbeherrschenden TA, keine ausreichenden Sanktionsmöglichkeiten für den Regulator und jahrelange Verfahrensdauern bei Streitigkeiten über die Tarife.
Die bisher geübte "asymmetrische Regulierung" mit strengeren Kriterien für das marktdominante Unternehmen müsse weitergeführt werden.
"Gerade in einem Land ohne Tradition im Wettbewerb braucht es eine starke Regulierungsbehörde, weil der Wettbewerb eben nicht normal ist." Man könne "nicht den Schiedrichter abschaffen, damit man besser Fußball spielen kann", sagte Karre.
Geringe Innovationsleistung
Auf die Defizite der Liberalisierung "hinter den Kulissen" wies
Georg Hahn vom Verband der Internet-Service-Provider [ISPA] hin: Die
Endkundenpreise seien zwar drastisch gesunken, die geringe
Innovationsleistung bei den Diensten sei aber "die Enttäuschung
schlechthin".
VAT
"Phase der Marktöffnung ist zu Ende"
"Schiedsrichter" Otruba ließ in seinem Statement Zweifel anklingen, ob durch eine Rücknahme der Regulierung "die Entwicklung in einem Bereich, der so hoffnungsvoll begonnen hat, nicht wieder umgedreht wird".
Es stehe für ihn aber außer Zweifel, "dass die Phase der Marktöffnung zu Ende ist".
Otruba wies die TA-Kritik an zu niedrigen Interconnection-Gebühren mit dem Hinweis zurück, dass sich Österreich dabei im europäischen Vergleich im "oberen Drittel" befinde. Aber auch der Vorwurf der "Alternativen", die TA betreibe Quersubventionierung durch die Anschlussgebühren, wies Otruba zurück.