01.05.2002

NACH ERFURT

Bildquelle: fuZo

Ego-Shooter in der Defensive

Der Streit um Computerspiele wie "Counter-Strike" [CS], das auch der Erfurter Mörder Robert Steinhäuser gespielt haben soll, hält an.

Während ein deutscher Anwalt Schadenersatzklagen gegen Spielehersteller vorbereitet und sich vor dem Gutenberg-Gymnasium in Erfurt zerbrochene Spiele in einem "symbolischen Mülleimer" sammeln, wehren sich CS-Spieler gegen die massive Kritik von Psychologen und aus der Politik.

"Computerspiele sind, wenn überhaupt, ein Ventil zum Ablassen von Aggressionen und kein Übungswerkzeug", schreibt ein Fan im Internet-Forum "counter-strike.de".

Psychologen sind - teilweise - anderer Meinung: "Durch die Tötungssimulation wird - ähnlich wie an einem Flugsimulator - eine Kompetenz erarbeitet und trainiert", meint der Bonner Psychologe Harald Ackerschott.

"Spiele nicht Ursache von Gewalt"

Unterstützung bekommen die "CS"-Fans von Pädagogen aus Köln. Eine Forschungsgruppe der Fachhochschule für Sozialpädagogik hat im Auftrag des Forschungsministeriums die Wirkung von Computerspielen auf die Spieler untersucht.

"Spiele sind nicht die Ursache von Gewalt", sagt Projektleiterin Tanja Witting. "Robert Steinhäuser ist mit Sicherheit nicht durch Computerspiele zum Amokläufer geworden. Allenfalls haben ihn einzelne Teile des Spiels angesprochen, dafür mussten aber erst die Voraussetzungen geschaffen werden", betont die Expertin.

Anwalt bereitet Klagen vor

Unterdessen will der Münchner Rechtsanwalt Michael Witti angeblich neben Produzenten von "Gewaltvideos" und Waffen auch Spielehersteller auf Schadenersatz verklagen.

Nach Meinung des Anwaltes ist es "erwiesen", dass derartige Videos und Spiele bestehende Gewaltpotenziale "anheizen und Nachahmertaten auslösen" können.

Witti hat nach eigenen Angaben bereits Kontakt mit drei Angehörigen von Opfern des Erfurter Mörders und hofft "bald mit einer größeren Gruppe von Geschädigten und Hinterbliebenen Musterprozesse" führen zu können.

"Symbolischer Mülleimer"

Im Blumenmeer vor dem Gutenberg-Gymnasium haben Schüler unterdessen einen "symbolischen Mülleimer für Gewalt verherrlichende Videospiele" aufgestellt. "Mach kaputt, was uns kaputt macht" steht auf einem Schild, das aus einem Pappkarton ragt. Die Aufforderung wird offenbar verstanden. Zwischen Kerzen liegen zerbrochene Disketten und CD- Verpackungen.