Linux-Markt: Fette Gewinne, rauer Wind

03.07.2006

Die US-Linux-Firma Red Hat liegt im Ranking der am schnellsten wachsenden Technologie-Unternehmen vor Apple auf Platz zwei. Dienstleistungen rund um das freie Betriebssystem und einfach zu konfigurierende Server-Pakete sorgen für eine Gewinnspanne von fast 30 Prozent. Ohne Friktionen verläuft dieses Wachstum allerdings nicht.

Auf dem weltweiten Markt für Open-Source-Software, der periodisch von heftigen Winden durchgebeutelt wird, segelt momentan eines der beiden Flaggschiffe weit voran.

Seit wenigstens einem Jahr am schnellsten unterwegs ist eindeutig die US-Firma Red Hat. In der Anfang der vergangenen Woche veröffentlichten Bestenliste "Business 2.0" von CNN-Finance war Red Hat auf Platz zwei der am schnellsten wachsenden Technologie-Unternehmen. Damit liegt der ein paar Nummern kleinere Linux-Distributor vor Apple [Platz drei].

Gewinnspannen wie Microsoft

Die nunmehrigen Musikhändler aus Cupertino haben zwar ein gerade märchenhaft verlaufenes Geschäftsjahr hinter sich, doch eine Profitmarge von bis zu 30 Prozent, wie sie Red Hat von Analysten durch die Bank nachgesagt wird, hat auch Apple nicht.

Linux-Dienstleistungen in Kombination mit vergleichsweise billigen Distributionenspaketen für Firmenserver sind offenbar ein Geschäft mit Gewinnraten, die [prozentuell gesehen] an Microsoft erinnern.

An erster Stelle des Rankings steht das Biopharma-Unternehmen Celgene.

JBoss als großer Brocken

Und schon weht wieder ein rauher West durch die Welt des Open-Source-Geschäfts, als ersten beutelt er den durch, der gerade hart am Wind segelt: Matthew J. Szulik, der bei Red Hat die Geschäfte führt.

Szulik musste Ende der vergangenen Woche eingestehen, dass die 350 Millionen Dollar schwere Übernahme der Softwarefirme JBoss in die Geschäfte von Red Hat doch etwas länger brauchen wird, als angenommen. Prompt gab die Aktie etwas nach. Deren Wert sich seit 2003 in etwa verdreifacht.

Kein zweites Microsoft

Die Übernahme dieser Open-Source-Entwicklungsfirma hatte Oracle-Chef Larry Ellison so erzürnt, dass er die Red-Hat-Aktie zwischendurch auf Tauchkurs schickte. Motto: Red Hat darf nicht zum zweiten Microsoft werden. Mittel: Lautes Räsonnieren in der Financial Times.

JBoss entwickelt so genannte Middleware für Unternehmenslösungen, auf Basis einer Open-Source-Lizenz können alle möglichen bestehenden Systeme in einer Firma zur Zusammenarbeit gebracht werden.

Die strategischen Ziele Red Hats ...

Dass ein Linux-Distributor derart spezialisierte Software im Business-Segement unter einer Open-Source-Lizenz weitergibt - das passt einem Anbieter von hoch profitabler, proprietärer Unternehmens-Software wie Oracle logischerweise wenig.

Gelingt es Szulik, Red Hats wachsenden Geschäftserfolg im Bereich von Open-Source-Betriebssystemen für Firmenserver im Bereich Middleware zu duplizieren, dann ist das mehr als bloße Profitsteigerung, sondern auch das Erreichen eines strategischen Ziels.

... gefallen Oracle nicht wirklich

Das kann Oracle nicht gefallen und dementsprechend wartet die Branche momentan, wann Ellison zuschlägt. Der hatte mit lautem Räsonnieren darüber, ob Oracle nun Novell kaufen solle, oder nicht, Red Hat den Wind abgeschnitten. Die Analysten sind sich relativ einig, dass eine eigene Linuxdistribution für Oracle Sinn machen würde - keine eigene, sondern eine, die es auf dem Markt schon gibt.

Oracle hat sein letztes Quartal mit einem Gewinn von 1,3 Milliarden Dollar abgeschlossen, die Marktkapitalisierung [Gesamtwert der ausgegebenen Aktien] ist mit 77 Milliarden Dollar um Dimensionen größer als die von Red Hat [4,4] oder gar Novell [2,5].

Und: Larry Ellisons Kriegskasse enthält noch immer 7,7 Milliarden Dollar, trotz über 19 Milliarden, die er im abgelaufenen Jahr in Firmenübernahmen investiert hat.

Novell

Übernahmekandidat Novell [Suse Linux] hat hingegen den Kapitän gewechselt. Jack Messman [66] seit 1983 bei Novell und dort seit 2001 auch oberster Entscheidungsträger wurde durch Ronald Hovsepian [45] ersetzt.

Der soll erst einmal Suses Business-Enterprise-Server ebenso erfolgreich machen, wie es das Gegenstück von Red Hat Linux ist.

Wer alle roten Hüte trägt

Auf der Website von Red Hat wird zwar das Topmanagement in Form eines "Executive Team" präsentiert, sieht man sich freilich die Titel dazu an, fällt auf, dass es außer Matthew J. Szulik ausschließlich "Vizes" gibt.

(futurezone | Reuters | TechWeek | Forbes | Bloomberg TV)