Großangriff auf den Datenschutz
Die ursprünglich für Mittwoch angesetzte Abstimmung in der EU-Vollversammlung über einen Report, der vom Komitee für Bürgerrechte eingebracht worden war, wurde nur wenige Tage vor Zusammentreten des Plenums [seit heute] abgesetzt.
Warum die Abstimmung über den Bericht in zweiter Lesung des Abgeordneten Marco Cappato [Italien] "Elektronische Kommunikation und Schutz der Privatsphäre" auf die Kurzsitzung am 29. Mai verschoben wurde, könnte handfeste Gründe haben.
In seiner Kernaussage bestätigt der Cappato-Bericht, der das Parlamentskomitee für Bürgerrechte am 18. April passiert hatte, die bisherige Position in der EU.
Laut Datenschutzrichtlinie von 1997 dürfen so genannte Verkehrsdaten [vor allem Verbindungsdaten und geografische Daten von Handynetzen] nur so lange aufbewahrt werden, wie sie für Abrechnungszwecke gebraucht werden.
EU-weit schwanken die Gepflogenheiten der einzelnen Staaten zwischen drei und sechs Monaten, England und Frankreich haben für Strafverfolger ["law enforcement"] kürzlich eine einjährige Speicherpflicht eingeführt.

"Bindende Rahmenentscheidung"
Wie die britische Bürgerrechtsorganisation "Statewatch" berichtet, sind Bestrebungen verschiedener Staaten im Gange, die die Richtlinie zum Datenschutz der EU noch vor der Abstimmung auszuheben.
Man arbeite hinter den Kulissen an einer "bindenden Rahmenentscheidung", die sicherstellen soll, dass EU-weit nationale Gesetze erlassen werden, die eine verpflichtende Datenspeicherung vorsehen.
Sollte das bis zum 29. Mai EU-weit auf Ministerebene schon geschehen sein, wäre die Abstimmung am 29. Mai ohnehin nur noch eine Formsache.
Wenn der Cappato-Bericht keine Mehrheit erhält, ist die Datenschutz-Direktive der EU auch so praktisch gefallen. Bei Vollbesetzung müssten 314 der 626 Abgeordneten für eine Annahme des Berichtes sein. Die Kommission hat sich bekanntlich "entschieden" für eine verpflichtende Datenspeicherung ausgesprochen.
