EU-Kommission streitet über Roaming-Pläne
In zwei Wochen will die EU-Kommission ihre Pläne für die Senkung der Handytarife im Ausland vorstellen. Derzeit geht es aber noch darum, wie und ob überhaupt die Preise für den Endkunden reguliert werden. Zudem sollen nun auch SMS und Datendienste billiger werden.
Umstritten ist laut Angaben aus Kommissionskreisen, ob die EU überhaupt Regeln für die Endkundenpreise festlegen soll.
Industriekommissar Günter Verheugen dringe nun wie Handelskommissar Peter Mandelson darauf, die Endkundenpreise nicht festzusetzen, so Kommissionsbeamte. Die EU soll demnach nur die Preise regeln, die die Mobilfunkanbieter untereinander berechnen.
Laut "Handelsblatt" sieht der aktuelle Verwordnungsentwurf maximal 40 Cent pro Minute als Obergrenze für Anrufe innerhalb eines Gastlandes vor, Anrufe aus dem Ausland sollen maximal 50 Cent kosten.
"Leben nicht in einer Planwirtschaft"
Grundsätzlich gebe es Einigkeit in der Kommission, gegen die als zu hoch eingeschätzten Aufschläge vorzugehen. "Die Frage ist, wie groß muss der Hammer sein", meint ein Kommissionsbeamter. "Wir leben nicht in einer Planwirtschaft."
Laut "Guardian" waren vor allem drei EU-Kommissare Ziel des Lobbyings der Mobilfunkindustrie: Mandelson [Handel], Verheugen [Wirtschaft] und Neelie Kroes [Wettbewerb], die alle bekannt dafür sind, ein offenes Ohr für die Interessen der Industrie zu haben.
Roaming vs. EU-Skepsis
Denkbar sei, in einer Testphase nur die Preise zwischen den Anbietern zu regeln, um dann nach einer Übergangsfrist von ein bis zwei Jahren falls nötig nachzulegen.
Medienkommissarin Viviane Reding hält nach Angaben von Kommissionsbeamten aber daran fest, die Preise für Endkunden zu regeln. Dafür gebe es auch eine Mehrheit in der Kommission.
Redings Roaming-Pläne sind eines der Vorzeigeprojekte der Kommission, mit denen ihr Präsident Jose Manuel Durao Barroso gegen die EU-Skepsis bei vielen Bürgern ankämpfen will. Die politische Bedeutung könne helfen, interne Widerstände zu beseitigen, hieß es im Umfeld Redings.
Werden auch SMS und Daten billiger?
Zudem zeichnet sich nun auch eine Ausweitung der Regulierung ab. Innerhalb der Kommission gebe es Forderungen, auch die Preise für SMS und Datenverbindungen im Ausland zu regeln, so ein Kommissionsbeamter. Es sei wahrscheinlich, dass die Kommission das mit aufnehme.
Damit würden vor allem Firmen die Kosten für E-Mails und Datentransfer ihrer Mitarbeiter im Ausland deutlich drücken können. Das Herunterladen einer Datei im Ausland koste derzeit bis zu 50 Mal so viel wie im Heimatnetz, meinte ein Kommissionsexperte.
Mobilfunkbetreiber verärgert
Der Verband der Mobilfunkbetreiber [GSM] äußerte sich verärgert. "Wenn das in der letzten Minute noch eingefügt wird, wäre das empörend", sagte GSM-Chefregulierungsexperte Tom Phillips.
Die Mobilfunkunternehmen haben die Pläne der Kommission scharf kritisiert. Sie kündigten in den vergangenen Monaten bereits Preissenkungen für Roaming-Verbindungen an, um eine staatliche Regulierung zu verhindern.
Ursprünglich war die Entscheidung der Kommission über ihren Vorschlag für den 19. Juli geplant. Denkbar sei aber, dass die Entscheidung vorgezogen werde, sagte ein Kommissionssprecher. Sie könnte frühestens Mittwoch kommender Woche fallen.
Der GSM warnte erneut vor einem Anstieg der Preise für Inlandsgespräche oder eine Einschränkung des Roamings in einigen Tarifen, falls Redings Pläne umgesetzt werden.
(Reuters)