19.05.2002

VERICHIP

Bildquelle: Cyborgs

Schlechte Aussichten für Cyborgs

Nachdem vor rund einer Woche einer ganzen US-Familie ein Chip eingepflanzt worden war und das Ereignis live auf NBC übertragen wurde, schien es so, als ob der Hersteller, des "VeriChip", Applied Digital Solutions [ADS], wieder Hoffnung schöpfen konnte:

Das angeschlagene Unternehmen, dessen Aktie zu einem Spekulationspapier geworden sind, konnte darauf setzen, dass die Nachfrage nach dem "VeriChip", der medizinische Notfalldaten speichern kann, sprunghaft ansteigt.

Jetzt hat allerdings erst einmal die US-Gesundheitsbehörde Food and Drug Administration [FDA] dieser Hoffnung einen Dämpfer verpasst: Die FDA kündigte Freitagnacht offiziell an, eine weitere Untersuchung einzuleiten, um die Verträglichleit des Chips zu untersuchen.

Nasdaq vertraut Gerüchten

Pikant an den Ereignissen sind zwei Details: Zum einen setzte die Nasdaq den Handel mit den ADS-Aktien schon am Freitagmorgen aufgrund eines Medienberichts über die FDA-Untersuchung aus - was zeigt, wie wenig Vertrauen die Börse dem spekulativen Wert inzwischen entgegen bringt.

Die Aktie des Unternehmens, das seit 1999 weniger durch fertige Produkte, sondern durch lautstarke PR-Arbeit von sich reden machte, bewegte sich 2001 im unteren Pennystock-Bereich. Während der letzten Wochen stieg das Papier zwischendurch um mehr als 100 Prozent auf mehr als zwei Dollar, sackte binnen eines Tags auf einen Dollar ab und stieg danach erneut.

Es ist inzwischen ein offenes Geheimnis an der Nasdaq, dass der jähe Einbruch des Papiers auf eine Massenflucht von ADS-Mitarbeitern aus ihren Aktienanteilen zurückzuführen ist.

Was medizinische Daten sind

Das zweite bemerkenswerte Detail ist, dass die FDA ihre Untersuchung eigentlich schon bei der vorübergehenden Freigabe des "VeriChip" angekündigt hatte, aber ADS sich trotzdem noch am Freitagnachmittag völlig überascht gab.

Die Freigabe des Chips durch die FDA erfolgte im April mit der Einschränkung, dass keine medizinischen Daten gespeichert werden dürfen. In diesem Fall würde es sich um ein medizinisches Gerät handeln und die FDA müsste einschreiten und den Chip erneut unter die Lupe nehmen.

Genau mit der Speicherung von medizinischen Daten hatte ADS allerdings der ganzen US-TV-Nation vor rund einer Woche seinen Chip schmackhaft machen wollen: In keiner Aussendung fehlte der Hinweis auf die chronischen Krankheiten der ersten "Cyborg-Familie" und dass sie sich in medizinischen Notfällen Vorteile vom "VeriChip" versprach.

Umso erstaunlicher, dass ADS gegnüber der Nasdaq noch am Freitagnachmittag leugnete, von einer formalen Untersuchung betroffen zu sein und dies damit begründete, dass der "VeriChip" nur zu "Idenfikationszwecken" gedacht sei.

"Mom, ich möchte Cyborg werden"

Die Cyborg-Familie schien als Werbeträger für die angeschlagene ADS eigentlich ideal: Laut der offiziellen Version ist Sohn Derek schlicht "begeistert von der neuen Technologie".