Drohendes Datenschutz-Desaster
Es war die erste Forderung von Präsident Bush an die Europäer nach dem 11.September und die EU-Kommission kommt ihr jetzt nach. Die EU-Direktive zum Datenschutz, die vorschreibt, dass Verbindungsdaten gelöscht werden müssen, sobald sie nicht mehr für Verrechnungszwecke gebraucht werden, soll mit allen Mitteln ausgehoben werden.
Ziel der Kommission ist es, Handynetzbetreiber und Internet-Provider nach britischem und französischem Vorbild EU-weit zu verpflichten, sämtliche Daten aus ihren Netzen bis zu einem Jahr lang aufzubewahren. Zweck: Strafverfolung und Bekämpfung des Terrorismus.
Persönlichkeitsprofile
Aus diesen Verbindungsdaten - wer mit wem wann wo telefoniert
hat, sowie Internet Logfiles - werden umfassende
Persönlichkeitsprofile erstellt, die von privaten und beruflichen
Kontakten, über Gewohnheiten, Interessen bis zur sexuellen
Orientierung alles Erdenkliche über jedes Individuum verraten.

EU-Parlament ausgeschaltet
Wenn im Rat der Innen- und Justizminister darüber Einstimmigkeit herrscht, eine für alle EU-Mitglieder bindende "Rahmentscheidung" zu fassen, wird das EU-Parlament, wie bisher immer in Fragen der Überwachung, ausgeschaltet.
Es könnte nämlich schon vorher obsolet sein, ob eine parlamentarische Mehrheit am 29. Mai für eine Beibehaltung der Datenschutzrichtlinie [Antrag Marco Cappato] oder dagegen votieren wird.
...im Fischereiausschuss
Der bis dato einzige EU-Ratsbeschluss, auf den sich alle weiteren
Überwachungswünsche bis zu dieser "Rahmenentscheidung" berufen,
stammt aus dem Jahre 1995. Er fiel im Kreise der Innen-und
Justizminister, passierte von den Parlamentariern unbemerkt als
"beschlossene Tatsache" den Fischereiausschuss und wurde erst 16
Monate später veröffentlicht.

"Desaströse Auswirkungen"
Gegen den erneuten Versuch von Kommission und Ministerrat, die seit 1997 gültige Datenschutzdirektive auszuheben, aber gibt es Widerstand.
Mitte der Woche wird ein Offener Brief von internationalen Datenschutz-Organisationen an den Präsidenten des EU-Parlaments abgehen, in dem vor den "desaströsen Auswirkungen" der Datenspeicherpflicht "auf die vertraulichsten persönlichen Daten" gewarnt wird.
Online unterschreiben
Die Unterzeichnerfrist für Organisationen läuft noch bis Dienstag
abend. Seit Freitag haben auf Stop1984.com auch individuelle
Unterzeichner Gelegenheit, den Offenen Brief zu unterstützen.
