Software-Patente sind wieder da
Die vom EU-Parlament abgelehnte Richtlinie zu Software-Patenten ist wieder auf dem Tisch. Am kommenden Mittwoch gibt die EU-Kommission die Ergebnisse der Konsultation über ein künftiges EU-Patentrecht bekannt. Europas Software-Unternehmensmittelstand und Programmierer gegen Auto- und Elektronikmultis heißt das Match.
Ziemlich genau ein Jahr, nachdem das EU-Parlament die EU-Richtlinie zu Software-Patenten mit großer Mehrheit abgelehnt hat, steht das Thema in Brüssel wieder auf dem Tapet.
Am kommenden Mittwoch werden die Ergebnisse einer Konsultation zum weiteren europäischen Vorgehen in der Patentfrage generell in einem öffentlichen Hearing der EU-Kommission bekannt gegeben.
Nach der Niederlage
Die Kommission hatte nach ihrer Niederlage im Parlament in einer Fragebogen-Großaktion versucht, die verschiedenen Meinungen und Interessenlagen zu einem europäischen Gemeinschaftspatent auszuloten.
Die Positionen beider Seiten sind recht eindeutig definiert.
Nokia, Bosch, Volvo, Thomson, EADS
Auf der Seite jener, die bei "computerimplementierten Erfindungen" auch die verwendete Software patentieren wollen, sind überwiegend Hardware-Hersteller, die über eigene, große Software-Abteilungen verfügen: Nokia, Bosch, Volvo, Thomson, EADS und andere Vertreter gewichtiger Industrie-Unternehmen, die zum Thema "EU-Patente" am Mittwoch Stellung nehmen werden.
Erfindungen und Klagen
Diese Unternehmen haben großes Interesse daran, dass ein zukünftiges EU-Patentrecht möglichst weit gefasst wird und Software jedenfalls einschließt.
Spektakulär im Zusammenhang mit Patenten sind längst nicht mehr die Erfindungen im klassischen Sinne, sondern die milliardenschwere Prozesse im Technologiesektor, in denen Patente die Waffen sind.
Die eigentliche Software-Industrie
Die genuine Software-Industrie Europas - mit Ausnahme des Riesen SAP - besteht aus kleinen und mittleren Unternehmen. Dementsprechend groß war auch der Widerstand aus den nationalen Wirtschaftskammern.
In Deutschland wie in Österreich gab es zudem Allparteienbeschlüsse gegen künftige Patentierbarkeit von Software. Obwohl die EU-Richtlinien in Europa dezidiert keine Patente auf Software vorsehen, erteilt das europäische Patentamt Patente auf Software-Anwendungen.
Innovationszyklen
Zum einen sei der Quelltext eines Programms durch das Urheberrecht ausreichend geschützt, zum anderen würden Patente die Freiheit jedes einzelnen Programmierers unzumutbar einschränken.
Zu diesen hauptsächlichen Argumenten der Gegner kommt, dass die durchschnittliche Bearbeitungsdauer eines Patentantrags von 18 Monaten angesichts der sechsmonatigen Innovationszyklen im Software-Sektor nur fortschrittshemmend wirken kann.
Die Kommission im Doppelspiel
Bereits am Montag beginnt die Woche mit einem Patentevent der EU-Kommission für kleine und mittlere Unternehmen. Die Kommission ist von ihrer Linie der strikten Befürwortung von Patenten auch auf Software nicht abgerückt.
Die eingereichten Meinungen zur Zukunft der Patentlandschaft in der EU seien in Summe nicht so erfreulich für die Position der Kommission gewesen, heißt es aus Brüssel. Also habe man schon im April begonnen, das Ergebnis zu korrigieren.
Welches doppelte Spiel die Kommission über andere nicht öffentliche EU-Instanzen spielt, wird am Montag an dieser Stelle zu lesen sein.
Gegner und Befürworter
Laufende Patentklagen
Symantec klagt auf Windows-Vista-Stopp
(Erich Moechel)