EU: Roaming gefährdet Inlandstarife nicht

09.07.2006

Die EU-Kommission sieht keinen Grund, warum die geplante Senkung der Handygebühren im EU-Ausland zu höheren Inlandstarifen führen sollte. Österrreichs Mobilfunker, der Telekom-Regulator und Infrastrukturminister Hubert Gorbach [BZÖ] sind jedoch anderer Meinung.

"Wenn der nationale Regulator seine Arbeit richtig macht, besteht keine Gefahr, dass die Inlandstarife steigen", hieß es am Wochenende aus Kommissionskreisen.

Der harte Wettbewerb auf den Inlandsmärkten werde auch in Zukunft dafür sorgen, dass die Gebühren niedrig bleiben.

Kritik an Österreich

In Brüssel wies man damit entsprechende Aussagen der österreichischen Mobilfunkindustrie, des heimischen Telekom-Regulators bis hinauf zu Infrastrukturminister Hubert Gorbach zurück, die allesamt vor drohenden Preissteigerungen bei den Inlandsgespräche gewarnt hatten, wenn Telefonieren im Ausland billiger werden sollte.

Die Kommission wird ihre Geseteszvorschläge kommenden Mittwoch präsentieren.

Uneinigkeit in der Komission

Zwar wird auch innerhalb der EU-Kommission noch diskutiert, wie weit die EU in die Roaming-Gebühren eingreifen soll - konkret etwa, ob die EU nur Obergrenzen für Großhandelspreise oder auch für die Endkundentarife festlegen wird.

Ein Modell, mit dem die Großhandelspreise bei Roaming in Europa für Nah- und Ferngespräche durch einen Durchschnittswert von 24 bzw. 36 Cent pro Minute gedeckelt werden sollen, ist aber mittlerweile bei sämtlichen Kommissaren unumstritten.

Redings Pläne abgeschwächt

Nach den Interventionsversuchen seitens der Mobilfunker erntet die EU-Medienkommissarin Viviane Reding auch Kritik aus den eigenen Reihen und muss nun ihre Pläne voraussichtlich nachbessern.

Keine Umverteilung nötig

Das Modell sei von den europäischen Regulatoren ausgearbeitet worden und lasse nach wie vor großzügige Margen zu, hieß es aus der Kommission: "Verluste macht dadurch keiner." Daher sei auch eine Umverteilung der Lasten nicht notwendig.

Würden die österreichischen Mobilfunkanbieter geschlossen die Inlandspreise anheben, wäre das daher aus Sicht Brüssels eine illegale Preisabsprache.

"Wenn der nationale Regulator das befürchtet, dann sagt er, dass der Markt nicht funktioniert und er seine Arbeit nicht richtig macht", so die harte Kritik.

Serentschy kritisierte "Rasenmäheransatz"

Österreichs Telekom-Regulator Georg Serentschy hatte zuletzt erklärt, dass irgendjemand für die den Handynetzbetreibern entstehenden Kosten aufkommen werde müssen.

Das Modell zur Regulierung der Tarife bezeichnete er als "Rasenmäheransatz", der "über alle Betreiber und Länder gleichermaßen drüberfährt".

Da die EU-Länder in unterschiedlichem Ausmaß von Roaming betroffen seien, sei der von der EU vertretene Preisansatz "one size fits all" nicht gerechtfertigt.

Skitouristen als Zusatzeinnahme

Die heimischen Mobilfunker profitieren auf Grund der hohen Zahl von Touristen in Österreich besonders von den Roaming-Einnahmen.

Außerdem verweisen die Netzbetreiber darauf, dass eine Reihe von teuren Sendeanlagen vor allem im Gebirge in erster Linie von Ski- und Bergtouristen genützt würde.

In der EU-Kommission lässt man das jedoch nicht gelten. Auch die Österreicher machten besonders oft im Ausland Urlaub und würden daher umgekehrt ebenso von niedrigeren Roaming-Preisen profitieren.

Infrastrukturkosten unter EU-Schnitt

Die Infrastrukturkosten lägen in Österreich - gemessen an den aktuellen Großhandelspreisen für Inlandsgespräche - sogar unter dem EU-Durchschnitt.

Andere Länder seien dadurch weit stärker betroffen und müssten zwar vielleicht nicht die Alpen, aber dafür kaum bewohnte, großflächige Regionen oder abgelegene Inseln versorgen, heißt es in Brüssel.

(APA)