31.05.2002

BIG BROTHER

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Bayern will Breitband belauschen

Der Bundesrat hat am Freitag einer Gesetzesinitiative zugestimmt, wonach auch DSL-Verbindungen überwacht werden sollen und Internetprovider verpflichtet werden sollen, Daten über die Kunden zu speichern und den Strafverfolgungsbehörden und Geheimdiensten bei Bedarf zur Verfügung zu stellen..

"Datenverkehr über Internet kann bislang nur bei Nutzung herkömmlicher Telefonverbindungen [analoge Telefone und ISDN] überwacht werden", heißt es in einem Gesetzentwurf der Bundesländer Bayern und Thüringen, der heute im deutschen Bundesrat beraten wurde.

Bei breitbandigen xDSL-Verbindungen sei dies bislang technisch nicht möglich.

Verbindungsdaten sollen gespeichert werden

Die Initiative wurde als Ergänzung eines Gesetzesentwurfs des Landes Niedersachsen zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern einreicht. Der Entwurf sieht auch vor, dass die Anbieter von Telekommunikationsverbindungen und Online-Diensten verpflichtet werden, die Verbindungsdaten "auf Vorrat" zu speichern.

Diese Absicht war in den vergangenen Tagen bei den meisten Datenschutzbeauftragten der Bundesländer auf scharfe Kritik gestoßen.

Krasser Widerspruch zu Grundgesetz

Der Deutsche Anwaltverein [DAV] erklärte, die geplanten Änderungen stünden "im krassen Widerspruch zu den Rechten der Bürgerinnen und Bürger aus dem Grundgesetz". "Man stelle sich vor, die Deutsche Post AG würde verpflichtet werden, jeden Brief zu kopieren und zu dokumentieren, wer an wen wann und was geschrieben hat", sagte Rechtsanwalt Ivo Geis für den DAV. "Hier würde es zu einem Aufschrei kommen."

Zwei Millionen potentielle Verbrecher

Nach Ansicht der Regierungen von Bayern und Thüringen lässt die derzeitige Telekommunikations-Überwachungsverordnung eine Überwachung ausgerechnet dort nicht zu, wo mit häufigem und strafrechtlich relevantem hohen Datenverkehr gerechnet werden muss.

Sie verwiesen darauf, dass die xDSL-Verbindungen zunehmend an Bedeutung gewännen. "Allein bei der Deutschen Telekom nutzen mittlerweile über zwei Millionen private Kunden diese Technik."

Nach Angaben der Bundesratsverwaltung wird der Gesetzentwurf an die Bundesregierung weitergeleitet, die ihrerseits eine Stellungnahme dazu abgibt.

Anschließend muss der Gesetzesentwurf im Bundestag debattiert und in drei Lesungen beschlossen werden. Dass dies noch vor der Sommerpause geschehe, sei eher unwahrscheinlich, hieß es weiter.

Beobachter in Berlin gehen außerdem davon aus, dass die Initiative wegen der rot-grünen Mehrheit im Bundestag derzeit keine Chance hat.