Microsoft drängt Kunden in Abo-Verträge
Der weltgrößte Softwarekonzern Microsoft versucht mit einem Ultimatum, seine gewerbliche Kundschaft in ein Software-Abonnement zu drängen.
Für eine feste Abo-Gebühr kann der Kunde alle neuen Versionen eines Microsoft-Programms in einem bestimmten Zeitraum nutzen, statt sich hin und wieder neue Softwarepakete von dem US-Riesen zu kaufen.
Um die Umstellung durchzusetzen, zieht Microsoft am 31. Juli einen harten Strich. Nach diesem Tag können die Besitzer von Microsoft- Programmen keine der bislang üblichen Software-Upgrades - eigentlich verbilligte Neu-Versionen - mehr erwerben.
MS-Produkte zum Vollpreis
Wer die Frist verstreichen lässt, muss künftig jedes neue
Microsoft-Produkt zum Vollpreis kaufen, egal ob er
Vorgängerversionen besitzt oder nicht. Damit bezahlt er bis zu 45
Prozent mehr für den Umstieg auf eine neue Software.
"Gegängelt und bevormundet"
Das neue Lizenzmodell soll dem Unternehmen zu dauerhaften und gleichmäßigen Einnahmen verhelfen. Doch viele Firmen sind nicht bereit, Software-Wartungsverträge zu unterschreiben - weil ihnen alles zu kompliziert erscheint oder weil sie das Gefühl haben, mittel- und langfristig noch stärker zur Kasse gebeten zu werden als zuvor.
"Durch diese Politik fühle ich mich gegängelt und bevormundet", sagt Alexander Fischer, EDV-Leiter der Papierfabrik August Köhler im badischen Oberkirch, der unter anderem für 600 Personal-Computer in seinem Unternehmen verantwortlich ist.
Das neue Verfahren trägt den Namen "Software Assurance" [Software-Versicherung]. Dabei geht es nicht um eine Versicherung gegen mögliche Programmierfehler oder Sicherheitslücken, sondern um das Recht, im Vertragszeitraum sämtliche neue Versionen einer Software zu beziehen.
Teil der Lizenzkosten als Abogebühr
Schließt ein Kunde beispielsweise eine Software Assurance [SA]
für Office XP über drei Jahre ab, kann er sämtliche neue Versionen
einsetzen, die in diesem Zeitraum von Microsoft auf den Markt
gebracht werden. Dafür muss er jährlich 29 Prozent der Lizenzkosten
als Abo-Gebühr bezahlen.
Unterstützung für populäres NT 4.0 läuft aus
Gleichzeitig erhöht Microsoft weiter den Druck auf die Kunden, indem der Softwarekonzern die Unterstützung für populäre Produkte wie das Betriebssystem Windows NT 4.0 Ende 2002 auslaufen lässt.
"Ich habe Verständnis dafür, dass Microsoft die Anzahl der unterstützten Produkte auf ein ökonomisches Maß einschränken möchte", sagt Clemens Schröder, Senior Manager der Beratungsfirma Mummert + Partner. "Auf der anderen Seite haben die Kunden ihre Schwierigkeiten, die Kostenvorteile aus dem neuen Microsoft- Lizenzmodell zu erkennen."
Die Beratungsfirmen Gartner und Giga gehen davon aus, dass bislang nur gut ein Drittel der gewerblichen Microsoft-Kunden ein Software-Abo eingegangen ist. Ein knappes Drittel sei unentschlossen oder wisse noch nichts von der Frist, der Rest lehne den Plan ab - weil sie gar nicht so häufig auf neue Programme umsteigen wollen.
Lizenzmodell treibt Kunden in die Arme der Konkurrenz
Jedes dritte Unternehmen liebäugelt inzwischen mit
Alternativangeboten von Novell, Sun oder aus der Open-Source-Szene.
Zu diesem Ergebnis kommt eine weltweite Umfrage des
US-Softwarehauses Sunbelt bei 1.500 Firmen.
Umstellungsfrist 2 Mal verstrichen
In vielen Unternehmen stehen für die Lizenzumstellung bei Microsoft überhaupt keine Etats zur Verfügung, weil dies nicht eingeplant wurde.
Insbesondere Großanwender aus dem Finanzsektor wollen die Systeme nicht so häufig umstellen, wie das Microsoft-Modell es vorsieht.
Viele Kunden halten den Softwaregiganten auch für unglaubwürdig, weil Microsoft in der Vergangenheit nach heftigen Kundenprotesten eine Umstellungsfrist zwei Mal wirkungslos verstreichen ließ.