EU-Roaming-Plan empört Mobilfunker

13.07.2006

Die Mobilfunkbranche ist über den am Mittwoch vorgelegten EU-Entwurf der Roaming-Richtlinie wenig erfreut. "Ein schwarzer Tag für die Branche", hieß es bei der Wirtschaftskammer, die Betreiber verurteilen die Einmischung und stellen höhere Handytarife im Inland in Aussicht.

Der am Mittwoch von der EU-Kommission vorgelegte Richtlinienentwurf zur Senkung der Roaming-Gebühren für Handygespräche im Ausland wurde zwar im Gegensatz zum Ursprungsplan deutlich entschärft - die europäische Mobilfunkbranche ist dennoch "not amused".

Durch die Regulierung der Großhandelspreise, die die Mobilfunker untereinander verrechnen, sowie eine Obergrenze für die Endkundentarife soll den Kunden eine Ersparnis von 70 Prozent gesichert werden.

Fünf Mrd. Euro Ersparnis

Laut EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso sollen dadurch bei Handygesprächen im Ausland in Summe Roaming-Gebühren im Ausmaß von fünf Milliarden Euro wegfallen. Barroso will damit die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft stärken.

Jährlich sind nach Angaben der Kommission nicht nur 110 Millionen Geschäftsreisende von den Roaming-Preisen betroffen, sondern auch 37 Millionen Touristen. Die neuen Limits sollen nach 2008 jährlich überarbeitet und dabei jedes Mal weiter leicht gesenkt werden.

Entschärfte Fassung

Ursprünglich hatte Brüssel die Handy-Auslandstarife innerhalb der EU komplett an die Gebühren im jeweiligen Heimatland anpassen und die Passivgebühren gänzlich abschaffen wollen. Für SMS- und Daten-Gebühren wird es nun keine Regulierung geben.

"Schwarzer Tag für die Mobilfunkbranche"

Die internationale Vereinigung der Handynetzbetreiber, GSMA, nannte die Vorschläge der EU-Kommission "unnötig, da der Wettbewerb bereits zu einer deutlichen Reduktion der Preise der Roaming-Dienste führt".

"Einen schwarzen Tag für die Mobilfunkbranche" nannte Günther Singer, Obmann des Fachverbandes der Telekommunikations- und Rundfunkunternehmungen in der Wirtschaftskammer Österreich, den Verordnungsentwurf.

Die Branche fürchte nun hohe Umsatzeinbußen, die einen Schaden für den Wirtschaftsstandort Österreich zur Folge hätten.

Chefregulierer ist zufrieden

Die österreichische Telekom-Regulierungsbehörde RTR zeigte sich hingegen zufrieden mit der nunmehrigen Lösung. Sie bringe den Konsumenten "erhebliche Einsparungen" und greife gleichzeitig nicht "in den Bestand der Industrie ein", so RTR-Chef Georg Serentschy am Mittwoch.

Allerdings schränkte er ein, dass es in Österreich nicht die von der EU angekündigte bis zu 70-prozentige Preissenkung bei Auslandstelefonaten geben werde. Erste Berechnungen der RTR lassen auf Einsparungen bis zu 50 Prozent hoffen.

Die Einbußen der Mobilfunkbetreiber werden aber gering ausfallen, ein Teil des Umsatzrückganges werde durch vermehrte Auslandstelefonate kompensiert werden, glaubt der RTR-Boss.

Tariferhöhungen im Inland?

Auch die heimischen Mobilfunker sehen eine Niederlage in dem Vorstoß: Kommt die EU-Roaming-Regelung wie vorgesehen, dann wird telefonieren im Inland für alle heimischen Handynutzer teurer, warnte am Mittwoch mobilkom-austria-Sprecherin Elisabeth Mattes. Außerdem würden die Stützungen für Handys sinken.

Die derzeitigen Pläne wären "ein massiver Eingriff" in die heimische Mobilfunkbranche, meinte sie. Der österreichische Marktführer hofft, dass die Lösung bis zur Beschlussfassung noch überarbeitet wird.

EU sieht keine Gefahr für Inlandstarife

EU-Kommissarin Viviane Reding hat keine Befürchtungen, dass durch den EU-Eingriff in die Roaming-Gebühren teurer werden könnte. Der Wettbewerb auf den nationalen Mobilfunkmärkten sei ausreichend. Die Kommissarin geht daher davon aus, dass die Betreiber auch nicht das Risiko eingehen werden, ihre Inlandspreise anzuheben und dadurch Kunden zu verlieren.

Gefahren vs. Vorteile

One-Chef Jorgen Bang-Jensen sprach sich ebenfalls gegen einen regulatorischen Eingriff in einen "hochkompetitiven Markt wie dem Mobilfunkmarkt" aus.

Die EU-Verordnung sei zwar moderater ausgefallen als ursprünglich angekündigt, "allerdings überwiegen die Gefahren für den Mobilfunksektor als Wachstumsmotor für die Wirtschaft bei weitem die von der EU-Kommission erwarteten Vorteile, wie etwa für den KMU-Bereich", betonte er.

"Freiwillige" Tarifsenkung

Auch bei T-Mobile Austria zeigte man sich enttäuscht. Eine Tariferhöhung erwarte man jedoch nicht. T-Mobile-Chef Georg Pölzl verwies darauf, dass die großen internationalen Betreiber ohnehin schon "freiwillig" eine Senkung der Roaming-Gebühren angekündigt hatten - und zwar "in etwa" in Höhe der EU-Vorschläge.

Lösung für Hutchison "zu zahm"

In ein anderes Horn stößt allerdings Hutchison ["3"]-Chef Berthold Thoma: "Die Roaming-Absenkung ist zu zahm." Er sprach von einem "Geschenk an Vodafone, mobilkom, T-Mobile und Co".

Wann die Verordnung tatsächlich in Kraft treten wird, hängt jetzt davon ab, wie schnell das Europaparlament und die EU-Staaten den Vorschlag verabschieden werden.

Erste Ergebnisse 2008?

Barroso ortete am Dienstag im Parlament eine breite Zustimmung. Auf Grund des Drucks großer Mobilfunkbetreiber rechnet Barroso dennoch mit Widerstand aus einigen EU-Staaten.

Einen merkbaren Unterschied auf der Handyrechnung dürften die Nutzer demnach wohl nicht vor 2008 spüren.

(AFP | APA | dpa | Reuters)