Der lange Weg zum digitalen Kino
Seit dem Release von George Lucas' "Star Wars: Angriff der Klonkrieger" ist die digitale Kinotechnologie wieder in aller Munde.
Auch eine neue Studie des Management- und Technologie-Consulters Booz-Allen & Hamilton [BAH] hat sich mit der Zukunft des digitalen Kinos auseinandergesetzt.
In ihrer Studie kommen die Analysten zu dem Schluss, dass die Ausbreitung des digitalen Kinos wohl noch einige Jahre dauern wird. In erster Linie seien dafür die Kosten für die Umrüstung verantwortlich. Aber auch das Problem der Filmpiraterie und das Schaffen eines einheitlichen Standards verzögert den Druchbruch des digitalen Films.
Booz-Allen & HamiltonNur wenige Kinos projizieren digital
Immer mehr Filme werden teilweise oder sogar zur Gänze mit digitaler Technologie gedreht.
Bislang müssen die digitalen Filme jedoch stets zu enormen Kosten auf herkömmlichen Film übertragen werden, denn weltweit sind erst wenige Kinos mit digitalen Projektoren ausgestattet.
Laut der Studie wird der neue "Star Wars"-Film, der komplett mit digitalen Kameras gedreht wurde, nur auf 60 der insgesamt rund 5.000 Leinwände in den USA mittels digitaler Projektionstechnik gezeigt.
Digitaler Filmgenuss in AT
In Österreich ist bis jetzt neben dem neu eröffneten IMAX-Kino
nur ein einziger Kinosaal mit einem digitalen Projektor
ausgestattet, Saal 5 im Wiener UCI-Kino Millennium City im 20.
Bezirk.
Filmvertrieb via Satellit
Vorteile ergeben sich bei der Digitalisierung des Kinos vor allem für die Filmstudios, die bei der Umstellung ihres Vertriebs auf Satelliten- oder Internet-Verbindungen enorme Einsparungspotenziale hätten.
Produziert ein Studio im Moment einen Film, müssen Kopien auf Zelluloid hergestellt und verteilt werden. Allein in den USA kostet es die Filmstudios über eine Milliarde USD, ihre Filme zu vervielfältigen, zu verteilen und schließlich zu vernichten. Mit digitalen Kinos würde ein Großteil der Ausgaben wegfallen.
Entscheidende Vorteile erwarten sich die Förderer digitaler Kinotechnologie auch hinsichtlich der Abnutzung von Filmkopien: Anders als bei traditionellem Filmmaterial können Kinos, die auf digitale Projektion setzen, auch noch nach Monaten dieselbe Vorführqualität bei Bild und Ton bieten.
Problem der Raubkopien
Für wenig Enthusiasmus bei der Durchsetzung digitaler
Vertriebswege sorgt bei den Produktionsfirmen unterdessen die
Befürchtung, dass damit der Filmpiraterie über das Internet ein
neues Tor eröffnet werden könnte. Perfekte digitale Kopien von eben
erst herausgekommenen Filmen könnten sich dann noch schneller als
bisher verbreiten.
Vorteile für die Kinobetreiber
Doch auch die Kinobetreiber würden von einer Umstellung auf digitale Projektoren profitieren.
Bei enormem Andrang auf einen Film wäre man nicht wie bisher darauf beschränkt, wie viele Kopien man von dem Blockbuster hat, sondern könnte flexibel auf die Nachfrage reagieren und den Film einfach in weiteren Kinosälen ausstrahlen. Da der Streifen auf einem zentralen Server gespeichert ist, wäre ein direkter Zugriff auf eine unbeschränkte Anzahl von qualitativ gleichwertigen Streams möglich.
Doch auf Grund der enormen Kosten, die eine entsprechende Umrüstung mit sich bringt, geraten die Vorteile derzeit noch ins Hintertreffen.
Einheitlicher Standard muss geschaffen werden
Die Filmstudios ihrerseits müssen sich erst auf einen gemeinsamen
Standard für digitale Kino-Technologie einigen. Die sieben größten
Hollywood-Studios haben bereits Aktivitäten in dieser Richtung
angekündigt. Damit wollen die Studios verhindern, dass sich die
kostspielige Formatvielfalt wiederholt, die es bei der Einführung
von digitalen Soundsystemen vor rund zehn Jahren gab.
Enorme Umrüstungskosten als Hindernis
Die Kosten gelten als Haupthindernis für die Durchsetzung von Digitaltechnologie im Kinobereich: Eine entsprechende Umrüstung der rund 36.000 Kinoleinwände würde laut der BAH-Studie allein in den USA zwischen fünf und sieben Mrd. USD kosten.
Pro Vorführsaal sind also Investitionen von 150.000 bis 200.000 USD notwendig. Das ist für die meisten Kinobetreiber schlicht und einfach unbezahlbar.
Um mögliche Investitionen in die neue Technologie voranzutreiben, müsse laut BAH vor allem die Aufmerksamkeit des Publikums auf die digitalen Möglichkeiten gelenkt werden.
"Sonst wird es dem digitalen Kino genauso ergehen wie der Solarenergie, High-Definition-TV oder Elektroautos - alles große Erfindungen, die eine bessere Zukunft versprechen, aber noch nicht wirklich bereit sind für den Massenmarkt," sagt ein BAH-Analyst.