Rundumschlag gegen Online-Wettbüros

19.07.2006

Die Verhaftung des Geschäftsführers von Betonsports.com bei der Einreise in die USA hat am Dienstag die Aktien der gesamten Branche in den Keller gerissen. Der österreichische Betreiber Betandwin verlor 23,8 Prozent, der deutsche Sportingbet 36,6. Hintergrund der Nervosität: In den USA droht ein weit reichendes Internet-Wettverbot.

Der Teufel in den Wettbüros

Seit David Carruthers, Geschäftsführer des internationalen Wettanbieters Betonsports.com, beim Umsteigen in Dallas in der Nacht auf Montag von der US-Bundespolizei festgenommen wurde, ist auf dem Online-Wettmarkt der Teufel los.

Obwohl Anfangs noch keine Gründe für die Verhaftung angegeben wurden, rasselten die Aktien der Online-Wettbüros rund um den Globus in den Keller. Betonsports-Aktien verloren am Montag 17 Prozent und wurden vom Handel ausgesetzt.

Dramatische Verluste bei Betandwin

Die anderen Anbieter, allen voran die österreichische Betandwin, erlebten am Dienstag den zweiten Tag in Serie Kurseinbrüche.

Da wurde bekannt, dass auch ein Haftbefehl auf den Gründer von Betonsports, Gary Kaplan, ausgestellt wurde. Auf ihn und weitere elf Personen warten in den USA Anklagen wegen Verschwörung zur Bildung einer kriminellen Vereinigung und Betrugs.

Daraufhin stürzten die Papiere von Betandwin und den anderen Anbietern geradezu senkrecht ab. Die 23,8 Prozent Verlust bei Betandwin wurden am Dienstag von der in Frankfurt notierten Sportingbet mit minus 36,6 Prozent noch übertroffen, Partygaming fielen in London um 17,2 Prozent.

Kursverfall seit Mai

Seit Start der Gesetzesiniative in den USA hat die Aktie von Betandwin mehr als 50 Prozent ihres Werts verloren.

Betandwin-Manager nicht gesucht

Dass das Topmanagement von Betandwin nicht unter den in den USA mit Haftbefehl Gesuchten ist, bestätigte Betandwin am Dienstag indirekt. Man biete keine Sportwetten in den USA an, sagte Investor-Relations-Sprecher Konrad Sveceny.

US-Geschäft durch Ongame-Übernahme

Durch die Akquisition von Ongame gebe es in den USA zwar Poker- und Casinogeschäft, räumte Sveceny ein, das US-Justizministerium habe sein Vorgehen gegen Betonsports allerdings mit dessen Sportwettengeschäft begründet.

Sportwetten vor Casino und Poker

Betandwin hatte im März die Übernahme der schwedischen Ongame, Betreiber führender Poker-Websites in den USA, abgeschlossen. Den Großteil des Geschäfts bei Betandwin machen aber immer noch die Sportwetten aus, gefolgt von Casino, Poker und Games.

Keine Telefonwetten

Bei den vier Gesellschaften, gegen die die US-Justiz im Zusammenhang mit Betonsports ebenfalls vorgeht, handle es sich um "Telefongesellschaften". Betandwin führe keine Telefonwetten durch, stellte Sveceny klar.

In den USA werde zudem der Großteil der Betandwin-Wettgeschäfte über elektronische Geldbörsen abgewickelt, nachdem das Justizministerium die Kreditkartenunternehmen bereits angewiesen habe, keine Transaktionen zu Wettanbietern mehr durchzuführen.

Aus Betandwin wird bwin

Betandwin steht kurz vor einem Namenswechsel. Ab 1. August wird der österreichische Online-Wettanbieter unter der Marke "bwin" firmieren.

Drohender Gesetzesentwurf

Telefonwetten sind in den USA seit 1961 dezidiert verboten. Das US-Justizministerium hatte von Anbeginn der Offshore-Wetterei stets betont, dass auch Internet-Wettangebote an US-Staatsbürger nicht den US-Gesetzen entsprächen.

Auf eine gesetzlich festgeschriebene Ausweitung des Telefon-Wettverbots auf Internet-Anbieter hatten die USA bis jetzt verzichtet.

Genauer: bis Mitte Mai dieses Jahres, denn da ging ein Gesetzesentwurf des Repräsentantenhaus in Vorbereitung, der das Telefon-Wettverbot auf das Internet ausweitet.

Vor einer Woche wurde der Entwurf im Repräsentantenhaus verabschiedet, nun bleibt als letzte Hürde zur Gesetzwerdung eines weit reichenden Internet-Wettverbots noch der Senat.

Nach Ansicht des US-Justizministeriums ist das Online-Glücksspiel in den USA bereits verboten. Die Behörde bezieht sich dabei auf ein 45 Jahre altes Gesetz, dessen Auslegung unter Rechtsexperten jedoch höchst umstritten ist.

(futurezone | Reuters | APA)