NSA-Skandal kommt vor Gericht
Trotz Interventionen von Präsident Bush und Justizminister Alberto Gonzales hat ein US-Bezirksrichter die Klage der Electronic Frontier Foundation gegen das US-Telekom-Unternehmen AT&T in einem öffentlichen Verfahren zugelassen. An den Glasfaserleitungen von AT&T zapft der Militärgeheimdienst NSA seit fünf Jahren nach Belieben Daten ab.
Angeklagt: AT&T
Da sich sowohl die Bush-Regierung wie auch AT&T öffentlich dazu geäußert hatten, könne das Gericht den Schluss nicht nachvollziehen, dass eine gerichtliche Untersuchung eine erhebliche Gefahr für die nationale Sicherheit bedeuten könnte.
So begründete ein US-Bezirksrichter seine Entscheidung, die Klage der Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation [EFF] gegen AT&T, das größte Telekom-Unternehmen der USA, zuzulassen. Die EFF hatte AT&T wegen ihrer Mitwirkung in einem flächendeckenden Überwachungsprogramm der US-Regierung geklagt.
Nationale Sicherheit sticht nicht
Ohne Spruch eines ordentlichen Gerichts, sondern allein gestützt auf ministerielle Anordnungen überwacht der Militärgeheimdienst NSA im Netz von AT&T und anderen Telekom-Unternehmen seit fünf Jahren die Telefonie- und Intenernet-Kommunikation von Millionen US-Bürgern.
Präsident Bush und sein Justizminister Alberto Gonzales hatten vergeblich auf Einstellung der Klage gedrängt, da diese die nationale Sicherheit gefährden würde. Diese selten, aber fast immer erfolgreich eingesetzte Trumpfkarte zur Abwehr peinlicher Gerichtsverfahren stach diesmal jedoch nicht.
Dimensionen der Affäre
Auch auf das Last-Minute-Angebot von Gonzales, derartige Verfahren doch ab sofort in geheimen Gerichtshöfen abhalten zu lassen, ging der Richter nicht ein. Damit ist der Weg frei für ein Gerichtsverfahren, das weitere Einblicke in die Arbeitsweise des militärischen Geheimdienstes National Security Agency verspricht.
Die Enthüllungen des ehemaligen AT&T-Technikers Mark Klein brachten immerhin die ungefähre Dimension der Überwachungsaffäre ans Licht, auch über das von der NSA benutzte Equipment weiß man mittlerweile Bescheid.
Die Ausrüstung
Das Equipment zur Datenpaketanalyse in Echtzeit an Zehn-Gigabit-Leitungen stammte von Unternehmen wie Narus und Force10networks und ist nicht nur zur geheimdienstlichen, sondern auch zur rein technischen Überwachung des Netzwerkverkehrs in einem Rechenzentrum geeignet.
Bis zu 16 Server pro Glasfaserkabel analysieren für die NSA pro Sekunde bis zu zwei Gigabyte an Daten von internationalen Carriern. Die Anzapfstellen befinden sich an den zentralen Glasfaserleitungen in den Großrechenzentren von AT&T und anderen US-Telekom-Gesellschaften.
Schadenersatzprozesse
Der nunmehr zugelassene Prozess gegen AT&T aber kann für das größte Telekom-Unternehmen der USA neben dem bereits erfolgten Imageschaden auch handfeste finanzielle Folgen haben.
Gegen AT&T und andere wurden über Sammelklagen mittlerweile milliardenschwere Schadenersatzprozesse angestrengt.
(futurezone | Wired | Red Herring)