Erster UMTS-Anbieter wirft das Handtuch
Der spanische Mobilfunkkonzern Telefonica Moviles und ihr finnischer Partner Sonera [zusammen Group 3G] stoppen alle UMTS-Entscheidungen in Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz.
Wie aus einem Memorandum des Mobilfunkanbieters an Analysten und Investoren vom Mittwoch hervorgeht, gilt diese Aussetzung "bis zu einer signifikanten Verbesserung der Bedingungen in technischer Hinsicht und am Markt" - was nach derzeitigem Kenntnisstand Jahre dauern dürfte.
Man habe sich entschieden, die kurz- und mittelfristigen Ziele für Europa neu zu definieren, weil sich derzeit der Zugang zu einer wirtschaftlich gangbaren UMTS-Technologie verzögere. Auch müssten für die genannten Länder die Geschäftspläne neu ausgearbeitet werden, hieß es zur Begründung.
Eine endgültige Entscheidung, ob das Unternehmen in den vier Ländern mit UMTS auf den Markt gehe, wolle Telefonica Moviles treffen, sobald UMTS technisch tatsächlich verfügbar sei, sagte ein Sprecher.
Sonera hält 43 Prozent an Group 3G, Telefonica Moviles die restlichen 57 Prozent.
Markterfolg für UMTS erst 2010Im November 2000 hatte Telefonica Moviles in Österreich für 116,3 Millionen Euro eine UMTS-Lizenz ersteigert, bisher ist das Unternehmen aber nicht am hiesigen Markt aktiv.
Dass Telefonica in Österreich aber noch rechtzeitig starten könnte, um die Auflagen der Telekom-Regulierungsbehörde - 25 Prozent Netzabdeckung bis Ende 2003 - zu erfüllen, schließt eine Sprecherin der Österreich-Tochter aus. "Wir hoffen, dass die Regeln aufgeweicht werden", so die Sprecherin.
Telefonica bezifferte unterdessen den Aufwand für die geplante Neuordnung der UMTS-Mobilfunkaktivitäten in Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz auf insgesamt 4,84 Milliarden Euro. Im Zuge dieser Aufwendungen verzeichnete die Konzernmutter Telefonica in den ersten sechs Monaten des Jahres mit 5,57 Milliarden Euro überraschend den ersten Verlust ihrer Geschichte.
Der Aktienkurs legte im New Yorker Handel aber deutlich zu, was Händler mit dem angekündigten Rückzug aus dem UMTS-Geschäft begründeten. Bis zum frühen Nachmittag stieg die Aktie außerdem in Madrid um 14 Prozent auf 9,49 Euro.
Für die Mobilfunktochter Moviles ergab sich den Angaben zufolge daraus ein Halbjahresverlust von 4,33 Milliarden Euro nach einem Gewinn von 471 Millionen Euro ein Jahr zuvor.
März: Telefonica dementiert Österreich-RückzugAus für Quam
Der jüngste und kleinste deutsche Mobilfunkanbieter Quam stellt mit der Telefonica-Entscheidung seine Dienste vorerst ein. Was mit den 200.000 Kunden und den Mitarbeitern geschehen soll, sei noch nicht entschieden, sagte der Sprecher. Man suche nach einer Lösung
Für den deutschen Mobilfunkmarkt hatten Analysten seit längerer Zeit vorausgesagt, dass sich im harten Wettbewerb die Zahl der Anbieter verringern werde. Rund 80 Prozent des deutschen Mobilfunkmarktes kontrollieren Vodafone mit D2 und die Deutsche Telekom mit T-Mobile.
Quam war erst im vergangenen November in den deutschen Markt eingestiegen und hatte anfangs auch mit Verbindungsproblemen zu anderen Netzen zu kämpfen.
Beim Mehrheitsgesellschafter Telefonica Moviles hieß es, von dem Konsortium werde wohl nur ein kleines Büro übrig bleiben. Wenn die UMTS-Technologie so weit entwickelt sei, dass sie kommerziell genutzt werden könne, werde entschieden, ob Quam neu belebt werden solle. An eine Rückgabe der UMTS-Lizenz sei nicht gedacht.
Branche gibt Spätstarter Quam geringe Chancen