Drahtlose Hochzeit geschafft
Das kalifornische Unternehmen Mobility Network Systems [MNS] hat ein ¿WiFiRAN¿ genanntes System entwickelt, das nahtloses Roaming zwischen WLAN und GPRS erlaubt.
Wie in einem erfolgreichen Test in Toronto bewiesen wurde, können Mobilfunkunternehmen dadurch ihre GRPS-Technologie mit deutlich schnelleren WLAN-Hot-Spots ergänzen, ohne dafür eigene Anmelde- und Abrechnungsprozeduren entwickeln zu müssen.
Viele Telekomunternehmen hatten sich in letzter Zeit gezwungen gesehen, in großem Stil in die Errichtung von WLANs zu investieren, obwohl die wirtschaftlichen Erfolgssaussichten eher mager waren. Die neue Technologie könnte die WLAN-Spots nun plötzlich zu unverzichtbaren Bestandteilen der 2.5G und 3G-Netze werden lassen.
Das Problem
WLANs [Wireless Local Area Network] sind drahtlose, lokal begrenzte Funknetzwerke mit Bandbreiten von über 10 Mbps, die mit IP-Protokollen arbeiten [Datenpaket-orientiert]. Herkömmliche Telefonnetzwerke hingegen basieren auf gänzlich unterschiedlich konzipierter Circuit-Switched-Technologie. Bei GPRS werden Datenpakete über Telefonnetze verschickt. Bislang hatte es keine Möglichkeit gegeben, Datenverbindungen von WLANs auf GPRS [oder umgekehrt] zu übergeben.
Alles Roger in Toronto
Bei dem Test in Toronto wurde WLAN-Technolgie von Mobility Network Systems in nur 24 Stunden in das bestehende GPRS-Netz von Roger¿s AT&T Wireless integriert.
Das besondere an dem System von MNS ist, dass damit erstmals ohne User-Interkation Verbindungen von einem GPRS-Sender auf einen WLAN-Sender oder umgekehrt übergeben und ohne Pause fortgesetzt werden können.
Das Unternehmen hat auch Schnittstellen entwickelt, die ein Aufsetzen auf die bei Mobilfunkunternehmen vorhandenen Verrechnungs- und Usermanagementsysteme ermöglichen. Dadurch sollen erkleckliche Einsparungen gegenüber der von vielen Unternehmen betriebenen Errichtung eigener Stand-Alone-WLANs erzielt werden können.
WiFiRAN non est simpel
Alles andere als einfach ist der Aufbau des WiFiRAN-Systems.
Neben einem Radio Access Controller und einem Radio Link Manager
wird eine eigene Multi-Link Client Software genutzt.
Gute Zeiten, schlechte Zeiten
Sollte sich das neue System von MNS in der Praxis bewähren, könnten große Teile der Geschäftsgrundlage jener Firmen wegfallen, die sich auf die Errichtung von Funknetzwerken an von potenten Kunden frequentierten Orten [wie Flughäfen, Hotels, Restaurants, Bahnhöfe] spezialisiert haben.
Einer der größten Anbieter in Europa ist dabei die österreichische Metronet. Als einzelnes Unternehmen könnte man also bald deutlich erschwerten Marktbedingungen gegenüberstehen, würde aber als Übernahmekandidat für Telcos deutlich attraktiver werden.
Indes dürften viele Telekommunikationsunternehmen aufatmen. Sie hatten in großem Stil die Errichtung von WLANs betrieben, obwohl die Nutzung durch die Kunden relativ kompliziert ist.
Bislang bedarf es nämlich eigener Anmeldeprozeduren durch die User in jedem WLAN. Die für die Funknetzwerke eigens aufgebauten Abrechnungssystem müssten die Telcos zwar abschreiben.
Der durch den erheblich gesteigerten Komfort bei der Nutzung erzielte zusätzliche Umsatz dürfte sie diese Verluste aber verschmerzen lassen.
Zwar hat MNS das WiFiRAN vorerst für die vor allem in Amerika genutzten CDMA-Netzwerke gestrickt, eine Umsetzung für den in Europa vorherrschenden GSM-Standard dürfte aber nicht lange auf sich warten lassen ¿ zumal die Marktpenetration [und damit das Umsatzpotenzial] mit Mobilfunkdiensten in Europa deutlich höher ist als in Übersee.
Integration statt Konkurrenz
Viele Telefongesellschaften haben ihr Tafelsilber auf den Erfolg
von UMTS-Mobilfunknetzen verwettet. Noch vor Kurzem hatte es ganz so
ausgesehen, als würde es bei der drahtlosen Datenübertragung auf
eine Konkurrenz zwischen UMTS und WLAN hinauslaufen. Die nun
mögliche Integration der verschiedenen Technologien lässt die
Zukunft mobiler Datendienste in einem ganz anderen Licht erstrahlen.
Aus der Geschichte lernen
Nur alte Hasen der britischen Wireless-Szene erinnern sich noch an die Markennamen Rabbit, Phonepoint, Mercury Callpoint und Zonephone. 1989 hatten diese vier Unternehmen Mobilfunklizenzen erhalten.
Darunter wurden "location-specific phone services" offeriert. Im Umkreis von rund 100 Metern ihrer Sender konnten Kunden "mobil" telephonieren.
Keines der Unternehmen hat überlebt, da kurz darauf Handynetze auf den Markt kamen, die eine Übergabe von Gesprächen von einem Sender auf den anderen erlaubten und ein unvergleichbar dichteres Netz boten.
Manche Experten sehen heute gewissen Parallelen zwischen den location-specific phones und WLAN-Hot-Spots. Doch wie heißt es so schön: Nichts wiederholt sich, aber alles war schon einmal da...