Wikipedia fordert Qualität statt Quantität

05.08.2006

In den USA treffen sich derzeit Entwickler, Kontributoren und Experten zur alljährlichen Wikimania-Konferenz rund um die Online-Enzyklopädie Wikipedia. Gründer Jimmy Wales forderte dabei Qualität statt Quantität für Einträge in der Wissenssammlung.

In Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts findet bis Sonntag die alljährliche Wikimania-Konferenz statt, zu der sich rund 300 Wikipedia-"Mitarbeiter" und Experten für Community-Web-Projekte zusammenfinden.

2001 gegründet, hat es die Online-Enzyklopädie, zu der jeder beitragen kann, in ihrem sechsjährigen Bestehen weit gebracht: Über 1,2 Millionen Artikel finden sich allein in englischer Sprache, mittlerweile finden sich bereits unzählige Versionen in zahlreichen anderen Sprachen.

Wales fordert mehr Qualität

Wikipedia-Gründer Jimmy Wales sprach bei der Konferenz zum Status quo der Online-Wissenssammlung und äußerte dabei auch Kritik.

Zwar habe Wikipedia sein Ziel erreicht, eine umfangreiche Enzyklopädie zu werden, die traditionelle Print-Werke wie etwa die Britannica vom Umfang her längst überholt habe. Dennoch könnte Wikipedia laut Wales noch viel wertvoller werden, wenn die Einträge genauer würden und Kontributoren ihre Quellen besser offen legten.

"Noch lange nicht am Ziel"

"Obwohl wir immer das Ziel der Britannica-Qualität oder besser hatten, sind wir noch lange nicht dort angelangt", so Wales' Einschätzung. "Wir können uns nicht länger damit zufrieden geben, dass die Zahl der Einträge nach oben geht - wir müssen unsere Aufmerksamkeit voll und ganz auf die Qualität richten."

Wikipedia muss immer mehr von ihrem Prinzip der totalen Offenheit abgehen, um glaubwürdig zu bleiben. Auch wenn das Nachschlagewerk in Vergleichen gute Ergebnisse erzielt, warnen die Betreiber selbst davor, sich zu sehr auf die Einträge zu verlassen.

Das Wikipedia-Universum

Das Wikipedia-Universum umfasst längst mehr als nur eine Online-Enzyklopädie. In den letzten Jahren wurden kontinuierlich neue Angebote wie ein Wiki-Wörterbuch, Wiki-Lehrmaterial und auch eine Wiki-Sammlung berühmter Aussprüche hinzugefügt.

Neues Tool zum einfacheren Editieren

Wales kündigte bei der Wikimania auch einige Verbesserungen an, die die Qualität fördern sollen. So soll unter anderem mit "Wikiwyg" ein Tool zum einfacheren Editieren von Einträgen vorgestellt werden.

Wie Wales zugab, sei das Editieren bestehender Artikel für Einsteiger etwas kompliziert bzw. abschreckend gewesen, weil sie sofort mit Programmcode konfrontiert wurden.

Biografien besser schützen

Weiters forderte er die Community auf, vor allem bei Biografien lebender Personen mehr auf Quellenangaben zu achten.

Genau diese Problematik hatte vergangenes Jahr nämlich eine Wikipedia-Kontroverse ausgelöst, nachdem der US-Journalist John Seigenthaler in der Enzyklopädie fälschlicherweise als Verdächtiger der Ermordung John F. Kennedys genannt wurde. Der Journalist wehrte sich gegen den "Rufmord", später stellte sich heraus, dass jemand sich einen "Scherz" erlaubt hatte.

Im Frühjahr wurde bekannt, dass Mitarbeiter von Abgeordneten und Senatoren im US-Kongress Hunderte von Einträgen in der Wikipedia online verändert und in vielen Fällen manipuliert hatten.

Große Verantwortung

Jimmy Wales machte jedenfalls einmal mehr deutlich, wie sehr ihm sein Projekt am Herzen liegt: "Wir haben wirklich eine ernsthafte Verantwortung, diese Dinge in den Griff zu bekommen."

(futurezone | AP)