Patent-Match um WiMax-Netze

09.08.2006

Drei Milliarden Dollar wird ein Konsortium um Sprint, Intel, Motorola und Samsung investieren, um in den USA große, ländliche Flächen jenseits der DSL-Netze abzudecken. Qualcomm, Patentinhaber des dominierenden 3G-Standards CDMA2000, ist naturgemäß dagegen und hat sich ein WiMax-Patentlager angelegt.

Nach längerer Anlaufzeit ist der erste Player auf dem US-Telekom-Markt bereit, eine größere Summe in den Aufbau eines WiMax-Netzwerks zu investieren.

Sprint Nextel, die Nummer drei unter den US-Telekoms, will zusammen mit Motorola, Samsung Electronics und Intel drei Milliarden Dollar für den Aufbau eines WiMax-Netzwerks investieren.

Die Investitionen sollen zwischen 2007 und 2009 getätigt werden. 2008 sollen bereits 100 Millionen Nutzer auf die Infrastruktur zurückgreifen können.

IEEE 802.16/WiMax

Davor hatte das "Wall Street Journal" bereits berichtet, der Aufbau eines derartigen US-weiten Netzwerks werde eine Milliarde Dollar Anfangsinvestitionen und mindestens vier Milliarden Dollar im Vollausbau kosten.

Dass sich eine derartige Investition gerade für eine große Telekom auch rentieren müsste, liegt eigentlich auf der Hand.

Nach dem Standard IEEE 802.16/WiMAX [IEEE-802.16e-2005-Standard soll zum Einsatz kommen] sind lange Richtfunkstrecken möglich - 20 Kilometer und mehr wurden schon mit Bandbreiten von 70 Mbit/s aufwärts routinemäßig überbrückt.

Jenseits von DSL

Der Anschluss solcher Richtfunkstrecken an ein landesweites Telefonnetz, wie es Sprint/Nextel hat, macht Breitbandanbindung dort finanzierbar, wo sich DSL-Ausbau nicht mehr lohnt.

Warum die Ausbreitung von WiMax im Vergleich zu anderen Mobilfunktechnologien eher gemächlich losgeht, obwohl Chipriese Intel seit Jahren anschiebt, hat einen seiner Gründe in der Patentierwut der Telekom-Ausrüster.

Von Fujitsu [Japan] über Samsung [Korea] bis Qualcomm [USA] wurden wie wild WiMax-Patente aufgekauft. Fachmedien sind sich einig, dass momentan niemand so richtig weiß, wer dieser Großen welche entscheidenden Patente genau kontrolliert.

Qualcomm und die Tributpflicht

Mit Motorola, Samsung und Intel sind zwar wichtige Patentinhaber an Bord, was Fujitsu und vor allem Qualcomm an Patentmacht in Händen halten, ist aber reichlich ungewiss.

Vor allem Qualcomm spielt ein bestenfalls undurchsichtiges bis böses Spiel mit WiMax, denn der US-­Mobilfunkausrüster, der mit Lizenzzahlungen für seinen proprietären Standard CDMA [Code Division Multiple Access] schweres Geld verdient, muss um die Geschäfte in Zukunft fürchten.

CDMA ist das US-Gegenstück zu Europas GSM, fünf der sechs gößten US-Mobilfunker sind damit einer Firma tributpflichtig.

Portfolio, Verteidigung

Diesen Patent-Stunt hätte man im WiMax-Bereich an sich gerne wiederholt - angesichts der "normativen Kraft des Faktischen" wurde es dann viel wichtiger, das eigene Portfolio im Bereich 3G ["Breitband"-Mobilfunk] zu verteidigen.

Da der US-Standard für 3G-Mobilfunknetze eben nicht UMTS, sondern CDMA-2000 heißt und Qualcomm Inhaber der wesentlichen Patente ist, war man naturgemäß der Ansicht, dass die Lizenzzahlungen der Mobilfunker tunlichst so weiter sprudeln sollten, wie in den letzten zehn Jahren.

Konkurrenten von WiMax-Technologien, die neben weitaus schnelleren Internet-Verbindungen auch mobile Internet-Telefonie mit sich bringen, haben für Qualcomm einen Nachteil: Sie bringen keine Lizenzgebühren ein.

WiMax-Patente aufgekauft

Man ließ daher wenig unversucht, die Entwicklung des WiMax-Standards nach Kräften zu hintertreiben, indem WiMax-Patente aufgekauft und ein eigener Standard gefördert wurde, um WiMax-Investoren zu verunsichern.

Daran, dass die Kriegskasse zum Schutz der eigenen Assets prallvoll ist, bestehen wenig Zweifel. Qualcomm - Marktkapitalisierung 55 Milliarden Dollar - erfreut sich einer Netto-Profitrate in Microsoft-Dimensionen: über 33 Prozent.

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