Schmaler Grat der Freiheit für Chinas Wikis

13.08.2006

Zwar forciert China die Netz-Nutzung, doch nur innerhalb bestimmter Spielregeln. Kritik oder ungewollte Infos sind im Internet nicht erwünscht. Mit diesen Restriktionen kämpfen auch die Anhänger von Online-Nachschlagewerken [Wikis].

Die chinesischen Wiki-Anhänger bewegen sich auf unsicherem Boden. Auf der einen Seite unterstützen oder betreiben sie die demokratisch organisierten Internetprojekte. Auf der anderen Seite unterliegen sie starkem politischen Druck.

Ende Juli musste das chinesische "e-Wiki" auf Druck der chinesischen Regierung offline gehen – die Bezeichnung Taiwans als "Republic of China" und Infos über einen Aktivisten der Bewegung Falun Bong sollen Chinas Regierung gestört haben.

Erste Wiki-Konferenz in Schanghai

Auch andere Wikis kämpfen mit der Online-Zensur in China, nicht zuletzt Wikipedia, das in China wegen seiner politischen Inhalte gänzlich gesperrt ist.

Bei der ersten chinesischen Wiki-Konferenz diskutierten dieses Wochenende rund 80 Teilnehmer in Schanghai über die mögliche Zukunft der Wikis in China, als Versuch, der Bewegung in China neuen Wind zu geben. Heikle Themen wurden aber eher umgangen.

Zusätzliche Hilfe bekommt China von den US-Internet-Riesen wie Yahoo, Google und Co., die sich ebenfalls den Zensurregeln beugen und auch für die Auslieferung einiger Nutzer verantwortlich waren.

Selbstzensur bereits im Vorfeld

Derzeit in China zugängliche Wikis verzichten in der Regel auf Einträge über politisch heikle Themen wie die Taiwanfrage oder die Kultbewegung Falun Gong. "Das interessiert die jungen Leute in China nicht", meinte Konferenz-Organisator Ye Qunfeng.

Tatsächlich steckt wohl eher die Angst vor der Staatsmacht dahinter: "Das ist zu einem gewissen Grad Selbstzensur", so ein Teilnehmer.

Heikle Themen ausgeklammert

Ansonsten wurden solch heikle Themen auf der Konferenz ausgeklammert. "Zu sensibel", kommentierte der junge Mann.

Er glaube fest daran, dass das größte Internetnachschlagewerk Wikipedia in China irgendwann wieder erreichbar sein wird: "Es ist ein so großer Verlust für die chinesische Internetgemeinde", sagte er. Bisher komme kein chinesisches Wiki an das Vorbild heran.

Die größte chinesische Suchmaschine Baidu baut derzeit eine eigene Online-Enzyklopädie auf. "Bösartige Beurteilungen des gegenwärtigen nationalen Systems" und "Angriffe auf Regierungsinstitutionen und Funktionäre" sind dabei allerdings verboten.

Wikipedia seit Herbst 2005 blockiert

Noch 2004 wurde Wikipedia von Chinas staatlichen Zeitunge gelobt. Seit dem Start 2001 konzentrierte sich das chinesische Wikipedia noch vor allem auf wissenschaftliche und geschichtliche Themen.

Die erste Blockade durch die chinesische Zensur wurde aber 2004 um den Jahrestag der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung am 4. Juni 1989 auf dem Tiananmen dokumentiert. Im Oktober 2005 wurde der Zugang dann endgültig gesperrt.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat eine Initiative für mehr Meinungsfreiheit und gegen Zensur im Internet ins Leben gerufen. Das Ergebnis der dazugehörigen Online-Petition soll im Herbst bei einem UNO-Gipfel präsentiert werden.

(futurezone | AFP | dpa)