Imageproblem durch brennende Akkus

16.08.2006

Die Rückrufaktion von 4,1 Millionen Notebook-Akkus von Dell trifft nicht nur den PC-Hersteller selbst, auch Zulieferer Sony muss mit finanziellen Konsequenzen rechnen. Dell muss sich zudem den Vorwurf gefallen lassen, nicht früh genug auf Meldungen über brennende Laptops reagiert zu haben.

Bis zu 224 Mio. Dollar Schaden alleine für Sony errechneten die Analysten der Investmentbank Nomura Securities anhand des Großhandelspreises der Akku-Zellen von jeweils über 80 Dollar. Sony selbst gab an, die Kosten, die Sony auf jeden Fall mittragen will, noch zu kalkulieren.

Sony Energy Devices produzierte die Akkus, die in Dell-Notebooks im Ernstfall überhitzen und Feuer fangen können.

Schadensbegrenzung unter Hochdruck

Dell arbeitet bereits mit Hochdruck und in drei Produktionsschichten am Austausch der Akkus. Die gesamte Aktion wird bis zu 400 Mio. Dollar [314 Mio. Euro] kosten, schätzen Analysten.

Selbst wenn der Schaden finanziell geringer ausfallen sollte, ist der Vorfall sowohl für Sony als auch für den weltgrößten PC-Hersteller mehr als unangenehm.

Der Rückruf ist nicht nur die größte derartige Aktion in der Geschichte Dells, sondern laut der US-Behörde für Produktsicherheit auch die größte Rückrufaktion für elektronische Geräte.

Gefahr stillschweigend in Kauf genommen

Wo genau die Ursache für die Feuergefahr liegt, ist bisher nicht klar. Die Sony-Akkus kamen auch in anderen Notebooks [Sony, Apple und HP] zum Einsatz, wo sie bisher keinen Brand ausgelöst haben.

Die potenzielle Gefahr durch Lithium-Ionen-Akkus ist in der Industrie allerdings seit Jahren bekannt - und wird bisher mehr oder weniger stillschweigend in Kauf genommen.

Brennbare Komponenten

Schon die Einzelkomponenten eines Lithium-Ionen-Akkus sind leicht brennbar. Ein Defekt, etwa durch eine mechanische Beschädigung, ist nicht immer unmittelbar erkennbar - bis schlimmstenfalls die Flammen auflodern.

Wegen des aktuellen Preisdrucks und der Nachfrage der Kunden versuchen die Hersteller in immer kleiner werdende Akkus immer mehr Energie hineinzupressen - auch auf die Gefahr hin, dass es so leichter zu einem Kurzschluss und einer thermischen Reaktion kommt.

Späte Reaktion "Ignoranz"

Dass Dell erst jetzt mit einer umfangreichen Rückrufaktion reagiert, stuft die "Financial Times Deutschland" als "Ignoranz" ein.

Bereits im vergangenen Dezember hatte das Unternehmen 22.000 Batterien zurückrufen müssen, im Oktober 2005 traf es die Konkurrenten Hewlett-Packard [HP] und Compaq mit 135.000 Geräten weltweit. Im April war HP erneut mit 15.700 schadhaften Akkus betroffen.

Seit Wochen kursieren im Internet Bilder von brennenden und verbrannten Laptops. Sogar die US-Luftfahrtbehörde registrierte dem "Wall Street Journal" zufolge eine ganze Reihe von Vorfällen.

So fing auf dem Lufthansa-Flug 435 von Chicago nach München am 15. Mai eine Laptop-Tasche im Handgepäck der ersten Klasse Feuer. Und im vergangenen Februar ging ein Frachtflugzeug von United Parcel Service während der Landung in Philadelphia in Flammen auf - das Flugzeug hatte unter anderem Lithium-Ionen-Batterien geladen.

Imagedebakel in der Öffentlichkeit

Sony hat seit seinem Rootkit-Debakel ohnehin keinen besonders guten Stand bei den Kunden, und auch Dell hat zuletzt Verbesserungen bei seinem oftmals kritisierten Kundenservice angekündigt.

100 Mio. Dollar sollen in den Kundendienst und ein aufpoliertes Image investiert werden. Dazu sollen auch 2.000 neue Verkäufer und Unterstützungspersonal eingestellt werden.

Erst Ende Juli schraubte Dell zudem seine Geschäftserwartungen wegen des harten Preiskampfes überraschend zurück. Noch in dieser Woche sollen die Zahlen für das zweite Quartal vorgestellt werden. Nach Firmenangaben wird der Rückruf keine finanziellen Auswirkungen bei Dell haben.

(futurezone | dpa | Reuters)