Gemischte Halbjahresbilanz für bwin
Der österreichische Online-Wettanbieter bwin [früher betandwin] musste im ersten Halbjahr trotz höherer Spielerträge deutliche Einbußen hinnehmen. Derzeit läuft eine Untersuchung wegen des Verdachts der Marktmanipulation. Auch Gerüchte über einen Einstieg von Marktführer Partygaming machen die Runde.
Bwins Rückgänge beim Ergebnis fielen jedoch etwas weniger schlimm aus als von Analysten erwartet.
Bwin-Vorstand zuversichtlich
Das EBITDA rutschte auf minus 3,8 Mio. Euro nach einem Vergleichswert von 4,6 Mio. Euro im ersten Halbjahr 2005. Das Betriebsergebnis [EBIT] brach auf -30,3 [nach 2,2] Mio. Euro ein, das Konzernergebnis nach Steuern und Ergebnisanteilen Dritter stürzte auf -27,1 [+0,1] Mio. Euro ab, teilte das Unternehmen mit.
Bei der Präsentation der Zahlen zeigte sich Kovorstand Norbert Teufelberger für die weitere Entwicklung zuversichtlich. Es habe noch nie so gut ausgesehen.
Einstieg von Partygaming?
Gerüchte, wonach die englische PartyGaming plc einen Einstieg bei bwin plant, kommentierte eine bwin-Sprecherin mit: "Grundsätzlich ehrt so etwas".
Offiziell wisse das Unternehmen nichts von einem Kaufinteresse durch PartyGaming. Angesichts der bestehenden Kernaktionärsstruktur scheine eine feindliche Übernahme durch einen Konkurrenten allerdings "nicht wahrscheinlich". Ein konkretes Interesse werde man sorgfältig prüfen.
Medienberichten zufolge [Dow Jones, Wirtschaftsblatt online, Bloomberg] soll die Investmentbank Morgan Stanley beauftragt worden sein, bwin-Aktien zu kaufen. PartyGaming ist nach Eigenangaben weltweit führender Anbieter von Online-Spielen.
Steigerung in allen Segmenten
Es gab in jedem Segment kräftige Steigerungen: Der Bruttorohertrag lag im Sportwettengeschäft bei 80,8 [Vorjahr: 41,9] Mio. Euro, deutliche Steigerungen gab es auch in den Bereichen Casino [41,2 nach 13,8 Mio. Euro], Poker [63,0 nach 3,1 Mio. Euro] und im Games-Bereich [6,5 nach 1,8 Mio. Euro].
Liberalisierung erwartet
Für eine im Herbst anstehende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes [EuGH] werde einhellig eine Liberalisierung für den gesamten Online-Gaming-Sektor erwartet, so Teufelberger. Nach einer vor kurzem erfolgten Entscheidung in Italien seien nun auch in Spanien und Portugal Entscheidungen in diese Richtung zu erwarten.
In Deutschland seien Entscheidungen des Bundesverfassungs- bzw. des Bundesverwaltungsgerichtshofes "falsch interpretiert" worden, so Teufelberger. Es gebe keine Aufforderung des Bundesverfassungsgerichtshofs, die Sportwetten zu monopolisieren anstatt zu liberalisieren. Bwin werde sich jetzt dafür einsetzen, diese Auffassung richtig zu stellen.
Nach dem Lizenzentzug des deutschen Bundeslands Sachsen geriet die bwin-Aktie letzte Woche gehörig unter Druck und verlor massiv.
Verdacht der Marktmanipulation
Bei der Finanzmarktaufsicht läuft derzeit laut dem Magazin "Format" eine Untersuchung wegen des Verdachts der Marktmanipulation. Die Ermittlungen wurden bereits Anfang Juni eingeleitet, berichtet "Format" in seiner jüngsten Ausgabe. Mit Ergebnissen wird erst in einigen Wochen gerechnet.
Laut Bericht konzentrieren sich die Ermittlungen auf Transaktionen der Gismo-Stiftung des ehemaligen bwin-Großaktionärs Martin Begsteiger. Das Volumen soll bei sieben Millionen Aktien gelegen sein. Offenbar hätten Stützungskäufe einen Absturz verhindern sollen.
Die Aufträge sollen über die Deutsche Bank geordert und über die Erste-Bank-Tochter ecetera in deren Auftrag abgewickelt worden sein.
Die bwin-Aktie hat sich in der Vergangenheit immer wieder durch starke Kursbewegungen hervorgetan. In der Vorwoche verlor das Papier nach dem Entzug der Wettlizenz in Deutschland kurzfristig 30 Prozent. Seit Jahresbeginn hat die Aktie bisher 65 Prozent ihres Wertes verloren.
Bruttospielertrag verdreifacht
Bwins Bruttospielertrag wuchs im letzten Halbjahr von 60,6 auf 191,6 Mio. Euro, das bedeutet eine gute Verdreifachung. Mit dieser Steigerung von 216 Prozent sei bwin "das schnellstwachsenede Unternehmen der Online-Gaming-Industrie", so das Unternehmen weiter.
Die Zahl der aktiven Kunden ["Real Money"-Kunden] stieg von 376.000 auf knapp 1,5 Millionen aktive Kunden, das entspricht beinahe einer Vervierfachung. Davon erstmalig aktiv wurden rund 770.000 [Vorjahr: 227.000] Kunden.
Favoritensiege und Lobbying kosten
Neben einer "unterdurchschnittlichen Ertragsentwicklung im Bereich Sportwetten auf Grund zahlreicher Favoritensiege während der Fußball-Weltmeisterschaft" und einem unter den Erwartungen liegenden Wachstum im US-Pokergeschäft hätten unter anderem "Kosten für Rechtsberatung und Lobbying-Aktivitäten mit dem Ziel der Liberalisierung des europäischen Glücksspielmarktes" das Ergebnis belastet.
Das Konzernergebnis sei zudem "durch akquisitionsbedingte, nicht Cash-wirksame Abschreibungen der aktivierten Kundenbasis bzw. Software im Zuge der Ongame-Transaktion mit 18,2 Mio. Euro belastet" worden, so das Unternehmen weiter.
Wachstumserwartung revidiert
Bwin hat wie angekündigt die Wachstumserwartungen für das laufende Geschäftsjahr 2006 revidiert: Erwartet werden nunmehr Brutto-Gaming-Erträge in Höhe von rund 435 [2005: 144] Mio. Euro bei einem EBITDA von "zumindest 40 Mio. Euro" - nach einem Vergleichswert von 15,1 Mio. Euro im Jahr 2005.
(APA)