Deutsch-Französisches Telekom-Drama
Die France Telecom entzieht ihrer deutschen Beteiligung MobilCom die finanzielle Unterstützung.
In der Telekommunikationsbranche droht damit zwei Jahre nach der Versteigerung der deutschen UMTS-Lizenzen die erste große Insolvenz. Der Büdelsdorfer Mobilfunkanbieter beschäftigt bundesweit rund 5.000 Mitarbeiter.
Der wegen der hohen Verschuldung von France Telecom in die Kritik geratene Vorstandschef Michel Bon kündigte noch am Abend seinen Rücktritt von diesem Amt an.
MobilCom muss Insolvenz anmelden
Wie France Telecom Donnerstagnacht im Anschluss an eine Sitzung
des Verwaltungsrats in Paris mitteilte, wird die Versorgung von
MobilCom mit Liquidität eingestellt. MobilCom-Chef Thorsten Grenz
hatte bereits angekündigt, dass sein von France Telecom finanziell
abhängiges Unternehmen in diesem Fall innerhalb von wenigen Tagen
Insolvenz anmelden müsse.
69,7 Milliarden Euro Schulden
France Telecom teilte weiter mit, im ersten Halbjahr sei nach Rückstellungen von 11,1 Milliarden Euro, die im wesentlichen im Zusammenhang mit dem deutschen Partner MobilCom stünden, ein Netto-Verlust von 12,2 Milliarden Euro entstanden. Der Schuldenstand habe sich zum Ende der ersten sechs Monate 2002 auf 69,7 Milliarden Euro summiert.
Die französische Regierung sicherte unterdessen zu, sie sei bereit, France Telecom mit allen Mitteln zu unterstützen, um Finanzierungsproblemen des Konzerns vorzubeugen.
Das deutsche Bundeskanzleramt ist nach den Worten der schleswig-holsteinischen Ministerpräsidentin, Heide Simonis [SPD], wegen der drohenden MobilCom-Pleite in Kontakt mit dem französischen Präsidialamt. Sie wisse aber nicht, ob Bundeskanzler Gerhard Schröder persönlich involviert sei, sagte Simonis am Freitagmorgen im Deutschlandfunk.
Streit um UMTS-Netzaufbau
MobilCom hatte vor zwei Jahren mit finanzieller Unterstützung von France Telecom für 8,4 Milliarden Euro eine der sechs deutschen UMTS-Lizenzen erworben. Über die Höhe der Investitionen für den Aufbau des UMTS-Mobilfunknetzes kam es zwischen den beiden Großaktionären France Telecom und Gerhard Schmid zum Streit.
MobilCom abhängig von France Telecom
Der führte im Juni dazu, dass der französische Konzern Schmids Absetzung als MobilCom-Chef im Aufsichtsrat durchsetzte. Daraufhin legte der französische Konzern die Investitionen für den UMTS-Aufbau auf Eis. Seitdem ist das mit sechs Milliarden Euro verschuldete Büdelsdorfer Unternehmen von Liquiditätszufuhr durch France Telecom abhängig.
Schmid, der zusammen mit seiner Ehefrau knapp die Hälfte der MobilCom-Anteile hält, versucht seit Monaten, von France Telecom eine Übernahme seiner Aktien zu erreichen.
Am Neuen Markt in Frankfurt fiel die Aktie der MobilCom AG am Freitag im frühen Handel um 55,6 Prozent auf 0,80 Euro.