Games-Branche erobert neue Zielgruppen

24.08.2006

Wenn es um Computer- und Konsolenspiele geht, herrschen nach wie vor extreme Vorurteile. Dabei hat das Klischee vom bleichgesichtigen, mit Augenringen gezeichneten männlichen Spielefreak längst ausgedient. Die Branche arbeitet intensiv daran, weibliche und ältere Zielgruppen zu erschließen.

Der Löwenanteil der Spielefans sind zwar nach wie vor männliche Teenager - im Rahmen der Spielemesse Games Convention, die dieser Tage in Leipzig stattfindet, hat man es aber vor allem auf weibliche und ältere Spieler abgesehen.

Laut dem deutschen Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware [BIU] stieg der Mädchenanteil bei den Gamern im ersten Halbjahr auf rund 25 Prozent. Besonders beliebt seien bei den weiblichen Jugendlichen tragbare Spielgeräte, zum Beispiel PlayStation Portable und Nintendo DS.

Electronic Arts will Mädchen erreichen

Auch der größte Spielehersteller Electronic Arts [EA]gab kürzlich auf einer Entwicklerkonferenz in Edinburgh zu bedenken, wie wichtig es sei, vermehrt Frauen anzusprechen:

Laut Untersuchungen des Unternehmens spielen nur rund 40 Prozent der weiblichen Teenager Computerspiele und verlieren den Angaben zufolge auch schnell wieder das Interesse daran, während bei den Burschen rund 90 Prozent spielen.

Mädchen wollen keine "rosa Games"

Das Problem sieht EA darin, den richtigen Content zu produzieren: "Mädchen wollen keine 'rosa Games', in denen es um Shopping und Make-up geht", so David Gardner, COO von EA.

Besonders gut kämen bei der weiblichen Zielgruppe "intelligente" Spiele wie etwa "Die Sims" an, in denen es um Beziehungen und Austausch geht. Rund 70 Prozent der "Sims"-Spieler seien immerhin weiblich und unter 25.

Nun liege es an der Spieleindustrie, einen "Megahit" für Frauen zu produzieren. Gardner zeigte sich überzeugt, dass EA seine Verkäufe mit einem solchen Spiel "um Milliarden" steigern könnte.

Die Games Convention, die zugleich Business-Plattform und gigantische Teststrecke für Spiele und Hardware ist, setzt mit neuen Produkten und Veranstaltungen verstärkt auf die weibliche Zielgruppe. Doch auch hier werden leider mit Themen rund um Haustiere, Prinzessinnen und Abenteuern auf dem Reiterhof teilweise gängige Klischees bedient.

Nicht nur bei den Spielen selbst, sondern auch bei der Hardware sollen weibliche Spieler verstärkt bedient werden - etwa mit einer rosaroten PlayStation.

Einfache Games für ältere Spieler

Neben weiblichen Gamern befinden sich zunehmend auch ältere Spieler im Visier der Industrie:

Die bei jüngeren Kunden weit verbreiteten Action-Spiele wie Ego-Shooter sind nach Auffassung der Branche nichts für die ältere Generation.

Sie schätzen einfache Spiele, deren Regeln sie schon kennen. "Das sind Spiele, die sind leicht zu lernen, aber man braucht ein Leben lang, um sie gut zu können", sagte Kai Bolik, Chef der Berliner Internet-Spieleplattform Game:Duell.

Von Solitaire bis MahJongg

Reifere Spieler bevorzugen klassische Spiele wie Backgammon, das Kartenspiel Solitaire und einfache Actionspiele wie MahJongg, die zudem geringe Anforderungen an die Hardware stellen.

Ein Drittel der 2,5 Millionen registrierten Nutzer von Game:Duell sind älter als 45 Jahre, was deutlich über dem Branchenschnitt liegt. Und die Zahl der älteren Spieler nimmt Bolik zufolge zu.

Auch die großen Spielehersteller nehmen sich dieses Trends mit "Casual Games" immer häufiger an. Anbieter wie Microsoft verdienen gutes Geld damit und wollen das Angebot, ob gegen Bezahlung oder kostenlos und mit Werbung, weiter ausbauen.

Der Marktforscher DFC Intelligence schätzt, dass der weltweite Umsatz mit "Casual Games" dieses Jahr auf 953 Mio. Dollar steigen wird. Im Vorjahr waren es 713 Millionen, 2002 noch 228 Mio. Dollar.

Nintendo trainiert Senioren

Der japanische Spielekonzern Nintendo bietet für seine Konsolen "Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging" an und setzt dabei auf Senioren.

Der japanische Neurologe entwickelte dem Unternehmen zufolge ein Programm, mit dem die Nutzer ihr geistiges Alter messen können. Training mit dem Programm könne für eine "Verjüngung im Kopf" sorgen, heißt es.

In Japan kommt das bei uns unter dem Namen "Brain Age" veröffentlichte Spiel teilweise in Altersheimen und Krankenhäusern zum Einsatz

Intuitive Steuerung als Anreiz

Mit seiner Spielekonsole Wii der nächsten Generation, die noch im Laufe des Jahres auf den Markt kommen soll, setzt Nintendo voll und ganz auf die Erschließung neuer Zielgruppen:

Während die Konkurrenten Microsoft und Sony einander ein Technik-Wettrüsten liefern, setzt der japanische Konzern auf neue Spielekonzepte, die auch Nichtspieler ansprechen sollen.

Die dafür entwickelte Steuerungseinheit mit Bewegungssensor, die äußerlich etwas an eine Fernbedienung erinnert, soll Berührungsängste bei Erwachsenen und Älteren mindern und neue Spielmöglichkeiten eröffnen.

Auch beim Preis seiner Konsole setzt Nintendo auf Massenkompatibilität: Mit unter 250 Euro ist das Gerät deutlich günstiger als Xbox 360 und PlayStation 3.

(futurezone | AFP| BBC | dpa | Reuters)