Die Skepsis und das Internet-TV

28.08.2006

Auf der Funkausstellung [IFA] in Berlin präsentiert die Deutsche Telekom am Freitag ihr Internet-TV-Angebot. Marktforscher zeigen sich jedoch skeptisch, was die zu erwartenden Umsätze angeht. Gut verdienen an IP-TV jetzt schon Siemens, Alcatel und Microsoft.

HDTV, IPTV, Bundesliga

Auf der IFA in Berlin, die am ersten September startet, wird neben HDTV, noch größeren und noch flacheren Fernsehschirmen auch Fernsehen via Internetprotokoll [IP-TV] ein bestimmendes Thema sein.

Die Deutsche Telekom [DT] stellt auf dieser weltgrößten Messe für Consumer-Electronics Angebote und Preise ihres Internet-Fernsehangebots vor. Darunter sind natürlich auch die Preise für die Übertragung der Deutschen Bundesliga.

Mut tut Not

Die DT setzt wie andere ehemalige Telekom-Monopole ["Incumbents"] ganz darauf, dass sich das TV-Angebot über VDSL-Breitband kombiniert mit Set-Top-Box und TV-Gerät auf breiter Ebene durchsetzen wird.

Bis Ende 2007 will DT-Chef Kai-Uwe Ricke den einmillionsten Kunden begrüßen. Angesichts von gerade einmal zwei Millionen IP-TV-Benutzern weltweit ist dies eine recht mutige Ansage, aber Mut wird auch gebraucht.

"Nicht der große Umsatzbringer"

Die Prognosen der Telekom Austria, die mit IP-TV im März gestartet ist, muten da schon etwas realitätsnäher an. Bis Ende 2006 rechnet man mit 15.000 bis 20.000 Fernsehkunden, so TA-Marketingleiter Stefan Tweraser: "Digitales TV wird heuer nicht der große Umsatzbringer sein."

VDSL der Deutschen Telekom

Im Kernbereich der DT bröckelt es nämlich gewaltig, die Telefonie-Kunden schwinden immer rascher, auch der Mobilfunkmarkt ist fast gesättigt. Also setzt der Konzern auf Unterhaltung, doch auch hier droht Ungemach.

Das neue Glasfasernetz [VDSL] der Deutschen Telekom muss laut EU-Kommission für die Mitbewerber der DT geöffnet werden, auch wenn die deutsche Bundesregierung nach Kräften mauert.

EU-Medienkommissarin Viviane Reding erhofft sich durch die Öffnung mehr Wettbewerb und sinkende Preise.

Die Milchmädchenrechnung

Wenn die Kabel-TV-Betreiber schon in den Telefoniemarkt eingebrochen sind, dann holen sich die Telekoms halt die entgangenen Umsätze im Unterhaltungssektor zurück - das klingt zwar logisch, hält aber keiner rechnerischen Überprüfung stand.

Der Telefoniesektor setzt mit 50 Milliarden Euro pro Jahr in Deutschland zehnmal so viel um, wie der gesamte Medienmarkt. Die Marktforschungsinstitute Solon und Gartner prophezeien den Kabelnetzbetreibern daher enorme Wachstumschancen durch den Einstieg in die Telefonie.

"Keine Umsatzerwartungen"

IP-TV wird hingegen sehr zurückhaltend beurteilt. Nach Einschätzung von Solon werden bis Ende 2010 in Deutschland etwa zwei Millionen Haushalte auf IP-TV zurückgreifen. "Ich würde keine Umsatzwartungen an IP-TV knüpfen", sagt Solon-Experte Philipp Geiger, es sei derzeit schwer, "den Kunden den Mehrwert zu vermitteln."

Dazu kommen enorme Kosten für die Errichtung des Netzes sowie für das nötige Equipment für Multiplexing, allein das Netz ist mit drei Milliarden Euro budgetiert. Bis dato sind zehn Ballungsräume angeschlossen, 40 weitere sollen bis Mitte kommenden Jahres folgen.

Zufriedene Lieferanten

In Konkurrenz mit Kabel-TV, Angeboten via Satellit und dem neuen terrestrischen Digital-TV DVB-T werden es die Telekoms ziemlich schwer haben, die immensen Kosten wieder hereinzuspielen. Sicher und gleich verdienen werden vor allem die Lieferanten, Siemens, Alcatel, Microsoft und andere.

Diese Kooperation sei der bis dahin größte Vertragsabschluss für die IPTV Edition Software in Europa, sagte Steve Ballmer, CEO von Microsoft beim Vertragsabschluss im März 2006: "Mit ihrem schnell wachsenden Kundenstamm ist die Deutsche Telekom der richtige Partner."

Beim Start der Deutschen Bundesliga Mitte August 2006 wurde bekannt, dass von drei Millionen Haushalten, in denen VDSL technisch verfügbar ist, in gerade einmal 50 Haushalten bereits "Bundesliga gekuckt" werden kann.

(futurezone | Reuters | dpa)