Siemens setzt auf Biometrie aus Österreich
Mit der Eröffnung eines eigenen Biometrie-Kompetenzzentrums in Graz setzt Siemens ein Zeichen für die Wichtigkeit von Biometrie für den Konzern sowie für den Standort Österreich. Siemens-Österreich-Chefin Brigitte Ederer sieht die Entscheidung für oder gegen Biometrie als Aufgabe der Gesellschaft und nicht von Technologiefirmen.
Seit einem Jahr ist das Siemens Biometrics Center in Graz bereits in Betrieb, doch die Eröffnung fand erst am Dienstag statt. Der Grund: "Es hat noch an Sicherheit gefehlt", so Ederer gegenüber futurezone.ORF.at.
Doch jetzt sei das Zentrum sowohl baulich als auch technologisch völlig abgesichert, so Ederer - wer sich Zugang verschaffen will, muss bei Siemens zuerst einmal seinen Fingerabdruck abgeben.
Getränke nur noch mit Fingerabdruck?
Zeigen will der Konzern in dem Kompetenzzentrum alles, was auf dem Gebiet so möglich ist – vom Getränkeautomaten, der nur mit Fingerabdruck bedient wird, bis zu einem Pilotprojekt mit der deutschen Lufthansa, wo die Abgabe eines Fingerabdrucks beim Einchecken mühselige Kontrollen auf dem weiteren Weg ablösen soll.
Gezeigt wurde auch der neue Schweizer Pass mit Chip, für den Siemens den Auftrag gewonnen hatte. Die Software für all diese Lösungen kommt von Siemens, Hardware wie Chips von Philips und Infineon.
Für fünf Branchen werden von Siemens konkrete Anwendungen und Lösungen entwickelt und betreut: Public Sector, Financial Sector, Healthcare, Travel & Transport sowie Gaming & Leisure.
Die "Homeland Security Suite"
Mit der "Homeland Security Suite" bietet das Biometrics Center eine Software-Lösung zur Erstellung und Nutzung von biometrischen Reisedokumenten an, die in bestehende Einrichtungen wie bei Grenzkontrollen integriert werden können.
Biometrie ist Teil von PSE
Der Grund, warum Siemens sein Biometriezentrum in Österreich gebaut hat: Siemens PSE, die bisher vor allem für das eigene Haus arbeitende Software-Entwicklungsabteilung, hat ihren Sitz in Österreich.
7.000 Mitarbeiter werden von hier aus weltweit koordiniert, das Siemens Biometrics Center gehört ebenfalls dazu.
PSE-Arbeitsplätze werden umgeschichtet
Zu den zuletzt kolportierten möglichen Arbeitsplatzveränderungen innerhalb der PSE-Abteilung meinte Ederer, dass die für die Abteilung .Com Enterprises zuständigen rund 520 Entwickler per Ende des Jahres bzw. April 2007 ausgegliedert werden.
Man wolle die neue Gesellschaft, die zu 100 Prozent eine Siemens-Tochter werden soll, möglichst komplett ausgliedern, so Ederer.
Keine Verantwortung für Biometrie
Strategisch hat Biometrie innerhalb des Siemens-Konzerns mit dem Kompetenzzentrum sicher an Bedeutung gewonnen - wenn auch als Spezialgebiet, wie Ederer meint.
In die Verantwortung beim Einsatz von Biometrie will sie sich nicht ziehen lassen. Diese Entscheidung, wann, wo und wofür etwa biometrische Zugangskontrollen eingesetzt werden, sei eine "Entscheidung der Gesellschaft", meint die ehemalige SPÖ-Politikerin, und nicht der Firmen, die die Technologie dafür anbieten.
Boom für Biometriemarkt erwartet
Angesichts der jüngsten Ereignisse in Deutschland und Großbritannien - und auch des fünften Jahrestags der Anschläge vom 11. September in den USA - gibt allerdings auch Ederer zu, dass Biometrie weltweit enorm an Bedeutung gewonnen hat.
Sie verweist auf prognostizierte 35 Prozent Wachstum für Biometrie innerhalb der nächsten Jahre. Für 2009 wird sogar von einem Weltmarktvolumen von 4,7 Mrd. Dollar ausgegangen.
Die Henne-Ei-Frage
Man biete an, was der Kunde bzw. der Markt wolle - auch ganze Systeme, bei denen Auftraggeber genau nachverfolgen können, wer wo und wann etwa einen Kaffee getrunken hat. Wenn der Markt das wolle, dann werde Siemens das anbieten, so Ederer.
Im Kampf gegen den Terror wird wieder einmal die Überwachung hinaufgeschraubt. In vielen EU-Ländern, auch in Österreich, gibt es Bestrebungen, die Video- und Internet-Überwachung zu verstärken.
(futurezone | Nadja Igler)