EU und Microsoft streiten über Vista-Start

08.09.2006

Wegen des Kartellstreits mit der EU-Kommission schließt Microsoft einen verspäteten Marktstart seines neuen Betriebssystems Vista in Europa nicht aus. Die EU weist jegliche Verantwortung von sich.

Das Unternehmen habe der Kommission im Frühjahr Vorschläge unterbreitet, um Bedenken wegen der Einbindung neuer Anwendungen Rechnung zu tragen, teilte Microsoft am Donnerstag in Brüssel mit.

"Erst wenn wir eine Antwort erhalten, werden wir wissen, ob die Kommission weitere Änderungswünsche hat, die einen Start in Europa verzögern könnten."

Kein "grünes Licht" von der EU

Die EU-Kommission wies die Verantwortung für eine Verzögerung des Vista-Marktstarts allerdings scharf zurück. "Es ist nicht Aufgabe der Kommission, Microsoft grünes Licht zu geben, um Vista auf den Markt zu bringen", sagte ein Sprecher.

Es liege an Microsoft, seine Verantwortung als Beinahe-Monopolist zu akzeptieren und sicherzustellen, dass es die EU-Wettbewerbsregeln erfüllte. Microsoft habe erst vorige Woche auf die jüngsten Bedenken der Kommission geantwortet.

Microsoft hat den Start von Vista, das bereits seit fünf Jahren in der Entwicklung ist, mehrmals verschoben. Die Software soll nun für größere Geschäftskunden im November und für Privatkunden im Jänner auf den Markt kommen.

Verzögerung des Vista-Starts?

Der Microsoft-Konzern reagierte mit seiner Stellungnahme auf einen Brief britischer Europa-Abgeordneter an EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes.

Darin warnten vier Parlamentarier, das Vorgehen der Kommission könnte den Start des Nachfolgers von Windows XP in Europa verzögern.

EU als Risikofaktor

Sie beriefen sich auf eine Microsoft-Mitteilung an Investoren, in der der Konzern das Vorgehen der europäischen Behörde als Risikofaktor bezeichnete.

Es sei alarmierend, dass eines der weltweit erfolgreichsten Unternehmen die Haltung der Europäischen Kommission als Risikofaktor bezeichne, heißt es in dem Brief. Damit gefährde die Kommission die globale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft.

Microsoft macht Vista "wettbewerbsfähig"

http://futurezone.orf.at/produkte/stories/124010/

Kartellauflagen bleiben unerfüllt

Die EU-Kommission wirft Microsoft seit Jahren vor, seine marktbeherrschende Stellung bei Computer-Betriebssystemen auszunutzen, um Anbieter anderer Programme zu verdrängen.

Bereits 2004 wurde Microsoft deswegen zu einer Strafe von knapp 500 Mio. Euro verurteilt. Im Juli dieses Jahres wurde diese wegen anhaltender Nichterfüllung der Auflagen aus dem Kartellrechtsprozess um weitere 280 Mio. Euro aufgestockt.

Sollte Microsoft weiter die Auflagen nicht erfüllen, werde das Zwangsgeld mit Wirkung 31. Juli auf bis zu drei Mio. Euro täglich angehoben, kündigte die Kommission an.

Auflagen für Windows

Im Urteil vom März 2004 wurde Microsoft unter anderem dazu aufgefordert, eine Windows-Version ohne Media Player anzubieten und Wettbewerbern den Code von Software-Schnittstellen offen zu legen.

Bei Vista könnten neue Suchfunktionen für das Internet und Programme zum Erstellen fixer Dokumente Konkurrenten wie Google und Adobe benachteiligen, so die Befürchtung.

(APA | Reuters)